1 die tageszeitung. Freitag, 6. Noveibbr. 1 9 32 Bonn:. Keine Sanktiönen wegen Rushdie. •.‘ Irans Mordaufruf gegen Salman Rushdiewtid on Bux desregierung weiterhin nur vei b%Lve urtei1t Bonn ( t a u) -: Die Bundesregierung ist offensichtlich nach wie vor nicht bereit. den Mordaufruf gegen Salman Rushdie mit Sanktionen zu beantworten. Die Staatsministerin im AuswärtigenAmt,Ur- sula Seiler-Albring (FDP), verurteilte ge- stern in einer aktuellen Stunde des Bun- destages dei. Mordaufrtif mit scharfen Worten und forderte von der iranischen Regieiyng eine klare Distanzierung. Zu den von SPD, Grünen und Teilen der CDU geförderten Sanktionen schwieg sich die Staatssekretärin jedoch aus. Der einzige konkrete Schritt, auf den das Au- ßenministeiium gestern hinwies . betrifft das deutsch-iranische Kulturabkommen. Vier Bundesländer müßten noch zustim- men, bis der Vertrag inKraft treten könne, sagte ein Sprecher. „Wir drängen die Län- der nicht ?‘ Das AuswärtigeAmt biete nur „wohl- klingende Worte“, kritisierte der CDU- Abgeordnete Friedbert Pflügerin der von CDU und FDP beantragten aktuellen Stunde. „Wer sich von Clewaltdrohungen aus dem Ausland einschüchtern läßt“, so Pflüger, „wird auch im Inland kein über- zeugter Verfechter von Grundrechten sein.“ Pflüger und sein PraktionskoHege Heinrich Lummer sprachen sich dafür aus, ‚das Kulturabkommen auf Eis zu legen und den iranischen Botschafter zur ..persona non grata“ zu erklären. Ein Kulturabkom- men mit Verfechtern der .‚Unkultur“ sei schlecht denkbar, erklärte Lummer. Dieselben Sanktionen wurden auch von Rednern der SPD verlangt. Der iranische Botschafter habe es ..in verklausulierter Weise begrüßt“, daß das Kopfgeld nach Rushdies Deutschland-Besuch auf zwei ‘Millionen Dollar aufgestockt worden sei. kritisierte der 511)-Abgeordnete Freimut I)uve. Die Draufgabe auf das Köpfgeld sei neine Art geistiger Kriegserklärung an die deutsche Demokratie“. „Der Iran muß politisch und ökono- rnisch für das Leben Rushdies in Haftung genommen werden“, forderte die SPD- Abgeordnete Thea Bock, die Rushdie zu Seinem Besuch vergangene Woche in l3onn eingeladen hatte. Vera Wollenber- er (Bündnis 90/Grüne) forderte von der lundesregierung die Ausweisung des Bot- schafters. Daneben solle Deutschland. jetzt der größte Handelspartner des Trans, stIle Wirtschaftsabkommen kündigen und (J s Inkrafttreten des Kulturabkommens tuftchieben. Die FDP-Abgeordneten Burkhatd 4irsch und Gerhart Baum deuteten die Forderung nach Sanktionen lediglich an. Hirsch bezeichnete Rushdies ‚ 1 Satanische Verse“ als „zum Teil ausgesprochen schlechte Literatur“. Eine Verletzungreli- giöser Gefühle könne nicht seinen Beifall finden, meinte Hirsch. „Ebenso“ verurtei- lungswürdig sei der iranische Mordaufruf. Weniger zweideutig äußerte sich Gerhart Baum. Es dürfe niemals der Eindruck ent- stehen, daß Menschenrechtsfragen hinter wirtschaftlichen Beziehungen zurückste- hen, sagte er. Man müsse jetzt ernsthaft überlegen, welche „Konsequenzen“ für die kulturellen, wirtschaftlichen oder poli- tischen Beziehungen zwischen Deutsch- land und dem Iran zu ziehen seien. Gegen Wirtschaftssanktionen wandte sich die PDS-Abgeordnete Angela Stachowa. Rushdie selbst habe diese Fotderung nicht .erhoben. hmt . . In. 0 0 ‘ 4 .