Daily news of cruel atrocities in Iran • Mass executions in Iran • Hundreds of thousands of people lie in mass-graves • In October members of the Tudeh party and Mudjahedin have been executed in Babol • Mass graves plundered by dogs, young girls raped before execution
Liga :: LI‘epOI‘ .t P.O.Box 752 D— 1000 Berlin 15. Dezember 88 er. .Jefon (:030) 825 8552 Postscheckamt Berlin West Konto-NT.: 749 49-107 (RLZ .100.100 10) JIJ W J Editorial P, 7r(J ? Zum 40. Ja .hre.stag der Menschen- ‚recht.sdeki.aration Am 0. Dezember p1988 jahrt.s cb zum 40. MaI .die Verabschiedung der Allgemeinen .Er:kl rung d.er Menschenrechte durch di.e .Gereralversammlurg der Vereinten Nationen. Sie soll als Maßstab und gemeinsam z.u erreic hen.de.s Ideal allen Vöik :ern und Nationen diese.r Erde dienen und ist eines der ilebendigsten Dokumente der Menschheits- geschicbte, das den festen Glauben an die Grund- rechte des Menschen widerspiegelt. Auslösendes Moment für diesen internationalen Menschen- rechtsschutz waren die Greueltaten, die sich Deutschland bis 1945 hatte zuschulden kommen lassen und die vielen Nationen den Zusammen- hang zwischen der Achtung des Menschen und dem Frieden in der Welt bewußt gemacht hatten. Aus der Uberzeugung heraus, daß Verkennung und Mißachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei führen, verkündete die General- versammlung die Notwendigkeit für die Schaf- fung einer Welt, in der jeder Mensch - gleich welcher Rasse, Religions- und Geschlechtszuge- hörigkeit - ein Recht auf Leben, Freiheil und Sicherheit der Person und Anspruch auf Aner- kennung als Rechtsperson hat. Jedem Menschen wird Gleichheit vor dem Gesetz und Schutz durch das Gesetz zuerkannt, somit auch der Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz vor den inner- staatlichen Gerichten, die unabhängig und un- parteiisch entscheiden sollen. Die Freiheitssphare des einzelnen soll ihn vor Eingriffen in das Privat- leben schützen, Meinungs- und Informations- freiheit, Versammlungs- und Vereinsfrei heit zu friedlichen Zwecken ihm Gelegenheit geben, das öffentliche Leben mitzubestimmen. Folter oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sind ver- boten. Vierzig Jahre sind seit der Menschen.rech!tsdeid.a rahon vergangen, zehn iah.re.seit der Gründun.g der Islamischen Rep.ub,lCi k Iran. Nicht ein. Artikel wurde realisiert, sondern jr Gegenteil.: alle .Arti kel wurden und werden lag fur Tag verletzt. Dies anzuprangern sehen wir die,Mi.tgheder der Liga Verteidigung der Menschenred ite im Iran, seit unserer Gründung vor sechs Jahren als oberste Pflicht an, und wir bitten alle, uns dabei zu unterstützen. Tagliche Nachrichten.a.u.s dem Iran v:e kün:den,das grausame Vorgehen des Regimes. Nach dem Waffenstillstand lautet die Parole “Wiederauf- bau“, der au h die im Ausland lebenden Iraner eIgen sollen. Sie wurden aufgerufen, beim Wie- deraufbau zu heifen, docb die Hi::n.richtungen Hunderter von Arzten, Ingenieuren und anderer Akademiker, die in der Bundesrepublik und Europa studiert hatten, hat auch den letzten Zweifel am Wahrheitsgehalt des Aufrufes ausge- raumt - dies haben besonders die Hinrichtungen der letzten drei Wochen bewiesen. Dennoch - wir geben die Hoffnung nicht auf, wir glauben an die Würde des Menschen, daran, daß es nicht ewig so weitergehen wird und daran, daß diejenigen, die uns nahestehen, uns weiter- hin unterstützen werden! nr 5 Unseren Lesern Wir wünschen Ihnen eine geruhsame und schöne Weihnachtszeit und ein neues Jahr, das positiv verlaufen möge! Uns wünschen wir, daß eine Dele- gation die Gefängnisse im Iran unter- suchen darf, daß Folter und Hin- richtungen ein Ende gesetzt wird und die . politischen Gefangenen freige- lassen werden. Unterstützen Sie bitte unsere Forderungen und senden Sie beiliegende Karte mit Unterschrift und frankiert in den Iran! A,A000274
2 12/88 Ilga report Mass.enhinri‘cht.ungen im Iran! Seit dem 20.. August t988. herrscht. an der Kriegsfront zwischen Iran. und Irak Ruhe. Für die W‘eltöffenttich,k.eit sind die Hunderttausende Opfer, die teilweise namenilos. in Massengräbern. liegen, längst vergEssen. Um die invaliden und Hinterbliebenen kümmert sich kaum noch je- rnand Der Waffenstillstand hat der ira:nischen und irakischen Bevölkerung‘ keineswegs den lang. ersehnten Frieden gebracht. l m Gegenteil, in beiden Ländern ist der Terror gegen die eigene Bevölkerung erheblich verstärkt worden.. Saddarn Hos.sein sa.h in. dem Waffenstillstand ei ne Gelegenheit, endlich einmal mit den Kurden abz.urechnen. Auch die herrschenden Theok raten im Iran haben sogleich nach d.er Einstellung der Kampfhandlungen mit Zwangsumsiedlung i rani- scher Ku.rden begonnen. Das Ziel isi die. Ver- nichtung des kurdis:c.h.en Widerstands, der bereits seit der Machtu bernahme der Ayatollahs im Iran um die innere Autonomie der kurdischen Min- derheit kämpft. Doch die Theokraten im Iran wollen sich nicht mit der Liquidierung der Kurden begnügen. Unfähig, der Bevölkerung plausibel zu machen, wieso sie acht Jahre lang “Krieg, Krieg, bis zum Sieg“ gerufen und dabei Millionen Menschen geopfert haben, unfähig auch zu erklären, wieso sie plötzlich der UN-Resolution zugestimmt haben, obwohl sie dieselbe ein gan- zes Jahr lang als Machwerk des Teufels bezeich- net hatten, versuchen sie nun durch die Her- stellung einer Atmosphäre der Angst, jede Frage nach einer Logik des achtjährigen Kriegs und nach dem Grund für den überraschenden Sinnes- wandel zu unterbinden. In den iranischen Ge- fangnissen wurden Hunderte von Gefangenen, die schon Jahre zuvor inhaftiert worden waren, hingerichtet. Zahlreiche Oppositionelle, die bereits ihre Gefängnisstrafe verbüßt hatten und entlassen worden waren, wurden erneut inhaf- tiert und viele von ihnen, ohne jede Angabe von Gründen, exekutiert. Zur Abschreckung der Bevölkerung werden in vielen Städten die Ge- fangenen auf öffentlichen Plätzen erhängt. Der oberste Justizherr des Gottesstaates, der Geist- liche Musavi Ardebili, verkündete kurz nach Annahme der UNO-Resolution 598 am 5.8.88 beim öffentlichen Freitagsgebet: “Die Justiz steht unter starkem Druck der öffentlichen Mei- nung. Wir werden gefragt, warum wir die (Gefangenen - d. Ü.) überhaupt vor Gericht stel- len, statt sie alle hinzurichten ... Das Volk verla:rigi, daß. alle ausnahmslos hingerichtet werden.. ‘ Diesem vermeintlichen Volkswillen haben die selbs.ternannten Vol;ksvertret:.er auch tatsächlich entsprochen. Es ware ein vergeblicher Versuch, die genaue Zahl der in den letzten vier Monaten Hingerichteten herausfinden zu wol- len. Wir sind auf Schätzungen angewi:e:sen, die gehenbis. über 2 000 für die letzten vier Monate. Um, jede Illusion über ein.e etwaige Liberai- slerungi aus..z.uräumen,. betonte der Oberbe- fehFshaber der Organisation der Revoiutions- wächter, Rezai, am 17.8.88: “Die Reval u.t.ions wächter haben darauf zu achten, daß die An- nahme der UJN-Resolut.icn nicht etwa gleich- bedeutend ist mit einem Ende des Kampfes gegen die Feinde der Revolution. Durch. Zeichensprache deutete kürzlich ein Gefangener einem Angehörigen an, daß im Teheraner Evin -Gefängnis 600 Personen hin- gerichtet worden seien Uns wurde berichtet, daß im Gohardascht-Gefängnis mindestens. 6.0 Personen exekutiert wurden. Angehörige waren aufgefordert worden, die Hinterlassenschaft der Getöteten abzuholen. Ein weiterer Beweis:. für die Massenhinrichtun.gen sind die Fotos., die wir vor wenigen Tagen aus Teheran erhielten. Auf diesen Fotos vom Friedhof der “Verdammten“ (Lanat Abad) in Teheran ist deutlich ein Massengrab mit zerstückelten Körperteilen zu erkennen. - i Anfang November erreichte uns aus dem Iran ein Brief, in dem es heißt: “... Nach wie vor werden die Hinrichtungen auf breiter Ebene fortgesetzt. Auf Anweisung Chomeinis ist eine dreiköpfige Kommission mit uneingeschränkter Vollmacht beauftragt worden, die Lage in den Gefängnissen zu untersuchen. Die Kommission nimmt sich einzelne Gefangene vor und versucht heraus- zufinden, ob der Betreffende seiner ursprüng- lichen Gesinnung treu geblieben ist. In diesem Fall wird er sofort hingerichtet. Ein Gefangener, bei dem die Kommission einen gründlichen Gesinnungswandel feststellte, und der sich sogar bereit erklärt hatte, an die Front zu gehen, wurde
3 12/88 liga report ebenfalls hingerichtet [ Er hatte sidh nämlich geweigert, nöti.genfaUs :i m ‘Krieg als Minen usl.öser zu fungieren. %us unserem Bekanntenkreis wurden in den letzten zehn Tagen drei Personen nach sieben- jahrigem Gefangnisaufentha;lt hingerichtet Der Famihe eines Hin:gerichteten wurde verboten, eine Trauerfeier abzuhalten. Nachdem si:ch den- noch einige Personen zur K.ondole.nz einge- funden hatten, wurde ern Onkel des Hinge- richteten verhaftet Die Zahl der Hinhch- tunge.n liegt - relativ gesehen - außerhalb der Hauptstadt höher s in Teheran Hingerichtet wurden zahlreiche Gefangene., die bereits vor Jahren inhaftiert worden waren. [ Morad .X ist ein 8ei piel für viele. Er wurde 1981 mit sechz hn ‘Jahren als Mitglied der Volks- :modjahedi.n festgenommen. ‘Ein Jahr ‘lang ver- brachte er im [ Evin-Gefängnis, danach wurde er ins Ghezel He.zar-Gefängnis verlegt. Nach sieben- ja hriger Haft wurde er- ohne Richterspruch oder die Möglichkeit der Selbstvertei digung - [ im November dieses Jahres hingerichtet. Gelegentlich erhalten Gefangene am Vorabend .Lhrer Hinrichtung die ‘Erlaubnis, iu Hause anzurufen. Die Frau eines Hingerichteten schrieb vor kurzem: “... Was habe ich doch für eine dicke Haut, daß h trotz allem was geschehen ist, noch atmen Kann! Und wie hartnäckig war X, daß er die Folterungen sechs Jahre lang ausgehalten hat. Hatten ihn die Mitleidlosen doch gleich am ersten Tag umgebracht, statt ihm ewige Qualen zu- zufugen. ... Am letzten Tag hat er mit mir gesprochen. Sein Lachen klang noch wie damals, als er mich betört hatte. Zuerst glaubte ich, er würde freigelassen, aber nachdem er mit allen Angehörigen gesprochen hatte, spürte ich ein elendes Gefühl in mir. ‘Es muß etwas dahin- terstecken‘, sagte ich. Male nicht den Teufel an die Wand ‘, erwiderte meine Tochter. Jedenfalls, am Mittwoch hat er mit uns gesprochen, am Donnerstag wurde er erschossen ... Wie soll ich das aushalten?“ Die Brutalität des Regimes scheint ein so starkes Ausmaß angenommen zu haben, daß selbst der desi gnierte Nachfolger Chomei nis, Ayatollah Montazeri, sich genötigt sah, sein Schweigen zu brechen und Einhalt zu gebieten. “Was geht eigentlich in den Gefängnissen vor“, schreibt er am 30.9.88 an Revolutionsführer Chomeini. “Zahlreiche Menschen, die sich nichts haben zu- „ .schulden kommen lassen, wurden zu hohen ?fangnisstrafen verurteilt. Nach drei oder vier jahren Haft wurde ein neues Urteil über sie ausgesprochen, danach wurden sie hingerichtet. Diese Praxis stellt die Legitimität unseres Rechts- systems in Frage.“ ‘Die Antwort., die Montazeri erhielt, zeugt davon, daß der Führer der Islamischen Repub i“k..sehr wohl über die Vorgänge in den iranischen Ge- fängnissen und über die Einrichtungen infor- miert is.t und diese auch befurwortet. Er ließ durch seinen Sohn Ahmad mitteilen: “Mein Vater hält Ihre Kritik, die sich auf den Lrn ar..g mit Konterrevoiutionaren bezieht, fur unzu- treffend.“ Geschürt wird die Atmosphare der Angst auch durch Festnahmen und ‘Hinrichtungen von be- reits entlassenen H ftl:ingen So wurden mehrere tausend Menschen während der ‘letzten Monate n Sandjan, ls.fahan, Ney hapur, H.amedan, Kermanshah, Mesched, Tabriz, Karadj., Resht, ilam und Teheran verhaftet Unter ihnen [ befinden si h eirii:ge :M:itgiieder der Nehzat-e Azadi (Freiheitsbewegung, die vom ehemaligen Ministerpräsidenten Mehdi Bazarga-n geführt ird), ‘Mitglieder der Volrksm.odjahedin, der Volk.sfedayin, der Tudehpartei Die Situation erinnert an d e Pogrome von 1981/82. ‘Viele der Inhaftierten durften ihren Angehörigen ihren Aufentha [ ltsort niCht mit- teilen. Auch die Medien leisten zur Abschreckung der Bevolkerung ihren Dienst. Sie propagieren Hin- richtungen auf öffentlichen Plätzen. So wurde z. B. am 3.8.88 die Erhängung von sieben Per- sonen bekanntgegeben. Ein Foto zeigt die an Sei- len hängenden Ieblosen Körper. Die Uberschrift lautet: “Sieben Abtrünnige (das ist die offizielle Bezeichnung für die Mitglieder der Volks- modjahedin - d. U.) sind in Bachtaran erhängt worden.“ Seit dem Waffenstillstand werden auch Haus- durchsuchungen wieder massiv vorgenommen, angeblich, um Rauschgiftdelikte und “moralische Vergehen“ aufzuspüren. Kein Wunder, daß diese Delikte und Vergehen in den meisten Fällen bei politisch unliebsamen Personen festgestellt, und politische Widersacher unter dem Vorwand einer kriminellen Straftat verhaftet werden. Dazu dient auch die Anweisung des Sprechers der Obersten Justizbehörde, der den Richtern unverblümt empfiehlt, “sich bei ihrem Vorgehen
4 12188 liga report gegen oppos t.ionell:e Gruppen zu bemühen, diese als Ungläubi.ge darzustellen . .. Ferner müssen. Rauschgiftschmuggel, Verderbnis, Miß.— achtung der islamischen K.l eidervorschrift und Die:bst ahl ‘ hart bestraft werden.“ Die nach dem Waffenstillstand eingeschlagene harte Linie wird auch d:adu«h. verdeutlicht, daß politische Gefangene keine Besuche• r rneh.r empfangen dürfen. Damit. soll vor allem. ver- hindert werden, daß Informationen, übe,r die.‘ Vorgange in den Gefangniss:en nach außen ge- langen. Diese Maßnahme: ist allerdings. se t einigen Tagen teilweise aufgehoben worden.. Im August 88: errei:cht,e uns das Schreih.e-n: der Mutter eines. politischen Gefangener. in dem es u.. a.. heißt: “Nach Annahme der Resotution S98 hat sich hier die Lage wesentlich verschl:echtert. Viele Ge•fangen.e sind grundlos hingerichtet wor- den. Deshalb sind X. und‘ ich. seit Wochen rasttos auf den Beinen. Jeder neue Tag bringt uns besorgniserregen!dere Nachrichten. Ich weiß nicht, wohin dies alJes führen wird. Zur Zeit v.er- suchen die M ütier der Gefangene-n, auf die. Behörden Druck auszuüben. Ob dies etwas bewir- ken wird, läßt sich nicht voraussagen.. Besuche. für politische Gefangene - gleich welcher Gruppie- rung sie angehören mögen - sind gestrichen. Wer weiß, was die unseren Kindern noch antun werden.“ Besorgt um die Zukunft sind nicht nur Ange- hörige von politischen Gefangenen. Selbst unter den Führern der Islamischen Republik melden sich immer mehr warnende Stimmen, die die Befürchtung hegen, daß die Verschärfung des Terrors gegen die eigene Bevölkerung den Bestand ihrer Macht gefährden könnte. So wandte sich Ayatollah Montazeri mit scharfen Worten an Ministerpräsidenten Mussavi. In einem Schreiben, das vom 1.10.88 datiert, aber nicht veröffentlicht ist, stellt er fest: “Die harte Durchsetzung islamischer Strafmaß- nahmen hat nicht zum Erfolg geführt, sie hat im Gegenteil noch größere Probleme geschaffen. Man hat die Verantwortung in die Hände von einigen unausgegorenen und mit, Komplexen behafteten Jugendlichen gelegt, was zu zahl- reichen Mängeln und Ungerechtigkeiten geführt hat. Sie begehen einen Fehler, wenn Sie sich auf die Berichte dieser Bediensteten verlassen! ... Der Informationsdienst, die Organisation der Revolu- tionswächter, die Revolutionskom i tees, die Staatsanwälte, die Untersuchungsrichter u. a. müssen ihre Vorgehensweise überprüfen. Die häufigen Verhaftungen, Brutalitäten, Strafen, Einkerkerungen und Hinrichtungen bringen uns nichts und vestärken darüberhinaus die Unzu- friedenheit unter der Bevölkerung, die das eigentliche Kapital unseres Landes und der Revolution. ist. Die FeNe r der Verantwortlichen und B:rutali,täten der BEiensteten., die ständig z.un.ehmen, können nie wieder rückgängig ge-. macht werden. Es heißt doch: ‘Sündhaftes Ver- gehen wird die Welt: nicht. zu Grunde ricter, wohl aber die Ungerechtigkeit..‘ Die. Welt- öffentlichkeit wi‘rdi uns verurteilen und in. d.i:e politische. Isolation treiben. Daher müssen Ver- haftungen. u:nd Strafrna.ßnahm:en unbe.diin.gt auf ein Minimum: reduziert werden Millionen Iraner befinden sich im: Ausland auf der Flucht. Die hier herrschende Atmosphäre und das harte Vorgehen der Behörden haben sie dazu ge.- trieben.. Unter den Flüchtlingen befinden sich zaN reiche Spezialisten und Fachleute, deren unser Lan.d dirin.gend bedarf. Schon die Tatsache ihrer Anwesenhei.t im Ausland‘ schadet dem:: Ruf unseres Landes und ist ein Beweis dafür, daß in unserem. Land Angst. und, Unterdrü‘ck.t‘mg herr- schen.. Es. muß eine. allgemeine Amnestie erlassen werden .... Wir müssen das Volk ernst. nehmen. Wichtige Entscheidungen, außenpolitische Be.zi:e hungen., politische Strategien. werden sich, nicht für: immer. verh:eii.rnli.ch.en lassen... Früher oder später werden: die- Lügen entlarvt - wenn nicht durch uns, dann durch unsere Feinde.“ Als designierter Nachfolger Chomeinis kann sich Ayatollah Montazeri diese kritischen Äußerun- gen erlauben. Das gilt aber nicht für andere Geistliche oder Politiker, selbst wenn sie als Volksvertreter im islamischen Parlament sitzen. Die islamische Revolution ist seit langem dabei, ihre eigenen Kinder zu fressen. Vor zehn Tagen wurde bekannt, daß zwölf Geistliche, darunter einige Abgeordnete des Parlaments, hingerichtet worden sind. Die meisten von ihnen, z. B. der Geistliche Omid Nadjaf Abad, zählen zu engeren Mitarbeitern von Ayatollah Montazeri. Berichtet wird auch von der Verhaftung zahlreicher schiitischer Würdenträger, die offenbar nicht mehr gewillt sind, die Vorgänge im Iran schweigend zu dulden. Am 25.11.88 erlag der ehemalige Gesundheitsminister Dr. Kazem SAMI in einem Teheraner Krankenhaus den Verlet- zungen und gezielten Bedrohungen von Schlä- gertrupps, die am 23.11.88 mit Messern auf ihn einstachen. Der Grund dafür waren seine Mit-. gliedschaft im Kabinett Bazargans und seine Opposition zum Regime. Über lange Zeit hindurch hatte der Druck von außen auf die Führung der Islamischen Republik wenig Sinn. Die selbsternannten Stellvertreter Gottes kümmerten sich nicht um die öffentliche Meinung. Nach der Ruinierung des Landes durch Krieg, Mißwirtschaft und Diktatur sehen sich die Ayatollahs nun gezwungen, die Tore des Landes
12/88 liga report 7 dem Waffenstillstand eher gewachsen. Die iranischen und irakischen Kühe sollen nun erneut .gemolken werden. Nicht daß die Waffenilie- Jerungen aufgehört hätten. Beide Regime wol- n nun unter dem Vorwand der Selbstver- teidigung, Reorganisierung und Modernisierung ihres Militärpotentials neue und zusätzliche Waffen einführen , Doch auch auf anderen Ge- bieten wittern ausländische Unternehmen das große Geschäft. Sie wollen iran und Irak beim Wiederaufbau ihrer Länder unter die Arme greif.en. Aufzubauen gibt es wahrlich genug. In dem achtjährigen Krieg wurden 1 800 Indu- ‘strieanlagen, darunter sechs Raffinerien und zwei Atomkraftwerke, dreizehn Städte und 1 200 Dörfer zerstört. ‘Der finanzielle Schaden wird a.uf 500 Milliarden Dollar geschätzt. So ist die Reiselust der Unternehmer und Regie. ru ngsdeIe- gationen nach Teheran und Bagdad enorm gewachsen. Selbstverständlich ist die Bund es- republik mit von der Partie. Sie ist ohnehin der größte Handelspartner Irans. Kein Wunder also, daß Außenminister Genscher schon die Koffer gepackt hat und Ende November in den Iran reisen wird. Das ist bereits Genschers zweiter Freund- schaftsbesuch in der islamischen Republik. Er war der erste Minister aus der westlichen Staaten- gemeinschaft, der vor vier Jahren in den Iran ‚.gereist ist, um Chomeinis Gottesstaat Stabilität nd Zuversichtlichkeit zu bescheinigen und ihm aus der Isolation herauszuhelfen. Nach seiner Rückkehr gab der Minister an, mit den Führern des Regimes in Teheran unter anderem auch über die Mißachtung der Menschenrechte im Iran gesprochen und die Einberufung einer unab- hängigen Beobachterkommission vereinbart zu haben. Doch bislang ist es bei dieser Absichts- erklärung geblieben. Selbst bei den Verhandlungen des Weltsicher- heitsrates über Maßnahmen zur Beendigung des Golfkriegs war es nicht zuletzt den Bemühungen Genschers zu verdanken, daß man in der am 20. Juli einstimmig verabschiedeten Resolution zum iranisch-irakischen Krieg auf etwaige Sanktions- drohungen und Waffen- und Wirtschaftsboykott verzichtete. Damit nicht genug. Kurz nach der Verabschiedung der UN-Resolution wurde der iranische Außenminister Velayati nicht nur von Außenminister Genscher, sondern auch von Bun- despräsident Weizsäcker und Bundeskanzler Kohl in Bonn empfangen. Zur Freude des Gastes griff Genscher dem Urteil der noch von der UNO zu bildenden Schiedskommission vor und erklärte der Presse gegenüber, der Krieg für dessen Been- ligung er plädierte, sei durch den Irak begonnen ‚Qorden, eine Feststellung, die genau dem Wunsch der iranischen Machthaber entsprach. Diese Freundschaftsdienste werden jetzt erst recht ihre Früchte tragen, die deutsche Dele- gation wird in Teheran gebührend belohnt werden. Außenminister Genscher wird die blutigen Hände der Mullahs drücken und ihnen, wie schon so o•ft, den Willen zum Frieden be- scheinigen, wohlwissend, daß der Waffenstill- stand der iranischen Bevölkerung keinen Frieden gebracht hat und gerade in den letzten Wochen Hunderte Oppositionelle hingerichtet worden sind. Bei seiner Rückkehr in die Bundesrepublik wird der Minister seine Hände in Unschuld waschen. Es obliege nicht einem deutschen Politiker, sich in inneriranische Angelegenheiten einzumischen, wird er sagen. Er sei für das Wohl der Deutsch.en verantwortlich, die Freundschaft zu den Aya- tollahs diene der deutschen Wirtschaft und der Milderung der Arbeitslosigkeit. Viele bundes- repu blikanischen Politiker und Unternehmer ‘werden ihm dabei zustimmen. Welch ein Hohn auf die so oft beteuerten Bekundungen zu Men- schenrechten und zur Demokratie,. Bahman Nirumand da werden Menschen zu Hyänen An einem Mittwoch im Oktober (das genaue Datum fehlt) besuchten Mütter von Hingerich- teten den Friedhof Lanat-Abad. Angesichts des verwilderten Friedhofs wunderten sie sich, daß dort ein Kanal gezogen worden war. Am Freitag der gleichen Woche aber sahen sie, daß der angebliche Kanal wieder zugeschüttet war. Bei näherem Betrachten entdeckten sie langes Haar, Kleidungsstücke im lockeren Sand. Ihr Verdacht bestätigte sich: Es handelt sich um ein Massen- grab, in dem unter anderem auch 45 Wehr- flüchtige und Angehörige der Volksmodjahedin verscharrt sind, wie aus einer Quelle von Hezbollahs verlautete. Im August wurden in Babol (Nordiran) Mitglieder der Tudeh-Partei und der Volksmodjahedin hin- gerichtet. Ihre Leichen wurden in ein nicht tief genug abgetragenes Massengrab geworfen, das sich auf einem außerhalb der Stadt liegenden heruntergekommenen Friedhof befindet. Durch nächtliches Heulen der Hunde alarmiert, bot sich der Bevölkerung ein schreckliches Bild: heraus- gezerrte und von Hunden angefressene Leichen und Leichenteile. Angehörige von Hingerichteten, die die Leichen in Empfang nehmen dürfen, berichten, daß sie Spuren starker Verbrennungen entdeckt hätten. Junge Mädchen seien zweifelsfrei vergewaltigt worden.
8 12/88 liga report Aus dem B:und stag vom 22.11.88, D r. Lippei.t. GRUNE: Wir GRÜNEN haben schon im vorigen Jahr statt der rund 50 Polizeiref.erenten an den Botschaften der Bun- desrepublik die Einführung on Mensch.enrechtsrefe- renten gefordert Die Bundesrepu.bkk produziert Jahr für Jahr zi hohe Leistu ngsbi1anzü bexsch.üsse. Eine Verbesserung der Wahrnehmung von Wirtschaftsin- teressen bedeutet also lediglich, daß die weitwirt- schaftlidien Ungleicihgewichte :nodh vergrößect wer- den. Ein.e Wahrnehmung von anderen interessen be- deutet eine Zunahme an Schutz von Menschenrech- ten. kh will das etwas konkre‘tei machen: W r haben in diesem Hause me hifadi :se hr deutlich über die Mor.- der.ei gesprochen, die sich Golf-Krieg nannte, Wir sind alle sehr froh darüber, daß der Iran und der Irak end- lich den Weg zu Friedensverhandlungen finden. Wir haben aber qieichzei:tig gesehen, daß das Morden im innern we itergeTht. U be.r den Versuc.h der Ausrottung der ‘Kurden im .Nordirak haben wir hier des längeren debattiert Heute möchte ich die Verhältnisse im Iran ansprechen, und ZWdT , weil Sie, Herr .Bundes:müü.ster, sich demnächst auf den Weg nach Teheran machen werden. Da fällt dann doch wöhl folgendes auf: Wäh- rend uns über amnesty international die Nachrichten von steigenden Zahlen von HInrichtungen erreichen., begonnen im August, weiterg.e hend bis heute, Nach. richten, die gerade dieser Tage durch einen Bericht des UNO-Beauftragten Galindo Pohl noch einmal zu- sammenfassend bestätigt werden, sind unsere Zeitun- gen voll von den Erwartungen unserer Wirtschaft. „Süddeutsche Zeitung “, 11. August: „Wiederaufbau in Iran und Irak kostet Milliarden“. „General-Anzei- ger“: „Die deutschen Firmen in den Startlöchern“, FAZ “ 14. September: „Industrie erwartet Milliar- denaufträge im Iran“. Auf der 14. Industriemesse in Teheran sind mehr als 70 deutsche Unternehmen ver- treten gewesen. Dies findet statt, während zugleich jene Mordwelle durch die Gefängnisse des Landes geht. (Dr. Knabe (GRUNE]: Wiederaufbau der Menschenrechte!) Herr Außenminister, um recht verstanden zu werden, wir begrüßen, daß Sie diese Reise machen. Unsere Kriterien für die Bewertung von Erfolg und Mißerfolg in der Außenpolitik müssen und werden aber andere sein als steigende Zahlen in der Außenhandelsstati- st.ik. Unser oberstes Kriterium muß die steigende Zahl von Entlassungen aus den Gefängnissen und das Ende der Hinrichtungen sein. An seine Exzellenz, den Botschafter der Bundes- republik Deutschland in Teheran. Sehr geehrter Herr Armin Freytag, verzweifelt und voller Schmerz über den Verlust unserer Liebsten, senden wir, Angehörige der kürzli(h hi ngerichteten politischen Gefangenen in Iran, Ihnen diese Zeilen. Dieser Tage weilt Herr Außenminister Genscher in iran •Er wird sicherlich über Vieles mit den Verantwortlichen der Isi. Rep. Iran Gesprache führen. Welc.he.n Stellenwert dabei die Men- schenrechle haben werden, können wir, o.hn- macht.i.g und bar jeden politischen Einflusses, nicht einschätzen. .. .• - .. Wir halben diese Menschen, die stellvertretend fur Hunderte stehen, unter unsaglichen Umstä n- den verloren. Unsere Fa.millienangehöri 9 en in ran erhieften wenn überhaupt, lediglich die Nachricht, die letzten Kleidungsstücke der Exe- kutierten od. er Gehenkten abholen zu können.. Sie kennen weder den eit.pu:nkt des o..des noch die Steile, wo ihre Kinder beg:.raiben liegen. Herr Freytag, bitte informieren Sie Herrn Gen- scher darüber, wo der Friedhof von “:Khawaran“ liegt. Da nämlich werden unsere A:ngeh.rigen in Massengräbern verscharrt und irrt eine gespen- stische Menge von Müttern und Vätern vergeb- hch umher um die Grabstelle zu finden Wie groß rkann die V.era,clhit‘ung für [ Menschenleben noch sein, daß sie und ihre Angehöriger. über den Tod hinaus gequä‘l.t werden. Na h herr- .schender Meinung der Regierung dürfen die Hingerichteten “Gotteslosen“ nicht einmal ein Grab ‘besitzen. Für unsere Angehörigen kommt jede Hilfe zu spat. Möge dieser Appell aber für andere, die vom Tode bedroht sind, eine Hilfe sein. Auch wenn dabei nur ein Menschenleben gerettet wird, ist es von unschätzbarem Wert. Hochachtu ngsvoll, Dr Mostafa Danesh Farhad Fardjad Azad (Aus verständlichen Sicherheitsgründen werden die Unterschriften von Angehörigen der noch lebenden politischen 1-laftlinge nicht veröf- fentl icht) Iraner auf der Flucht Diesmal haben wir uns zum größten Teil mit der Situation im Iran beschäftigt. Angesichts der ver- scharften Unterdrückung und Verfolgung dort steigt die Zahl derer, die aus Angst um ihr Leben versuchen, das Land zu verlassen. Nur einem geringen Teil wird es gelingen, seine Hoffnung auf ein neues Leben zu realisieren, während die meisten - hauptsächlich Jugendliche und junge Frauen mit Kleinkindern - in den “Transjtlän- dem“ steckenblejben. Die westlichen Länder haben dichtgemacht, selbst Bitten auf eine Aus- nahme und die Versicherung, der Bundesregie- rung keinerlei Kosten zu verursachen, stoßen auf taube Ohren. Beispiel dafür mag der junge Iraner sein, der nach monatelangem Gefängnisaufent- halt in Bangkok auf Kaution des UNHCR frei-
liga report zu offrien, um aus der politischen und ökonomi- s.chen. Isolation herauszukommen. Dieser Um- stand gibt der iranischen Opposition, aber auc.h den Me.nsche.nrech.tsorga;nisati‘onen und demo.- kratischen Parteien die Chance,. sich wirksam für die Befreiung, von politischen Gefangenen, ge- gen Folter und Hinrichtungen einzusetzen. Larnbsdorf (FDP). der damalige Bundeswirt- s-ch,aftsr&rt ,ster schüttelt dem Schah ergeben die Hand, und erklärt, die. Bundesregierung ei‘ aus politischefl und wjjrtschaftl.ichen Gru nder. an einer Stabilisierung im Iran interessiert. Oie Bun desrepbulik habe weder das Interesse an der Aus-. dehnung ultra konservativer oder gar reaktionä rer Krafte noch an einer Machterweiterung marxistischer und kommunistischer Gruppen. Unter Hinweis auf die Krise, der das Land zu jener Zeit ausgesetzt war, äußerte er die Ansicht, die iranische Regierung sei vollkommen in der Lage, diese Schwierigkeiten zu meistern, Wahrlich eine Machterweiterung marxistischer und kommunistischer Gruppen ist durch Massen- hinrichti.. ngen verhindert worden. Bundesauf3en- minister Genscher (FDP) zeigt sich erfreut über das Lob, das ihm nun von ultra-konservativer Seite - hier von Parlamentspräsident Rafsan jani = zuteil wird. Wieder erschüttert eine Welle von Masse.nhin,- r ‘ htunger das Land . Oara,uf angesprochen, weist Vi.ze=Auf3enminjster Laridjani alles als Propagan- da gegen den Iran zurück. Namen von Hinge- richteten, die ihm genannt werden, hört er zum erste n Mal - und hier sagt er wahrscheinlich die Wahrheit, erfahren doch selbst die Angehörigen erst nach der Exekution von den geheimen Hinrichtungen. Und wieder wird dem Bundesauf3enminjster von Teheraner Seite Lob gespendet: Durch das Kul- turabkommen dürfen nun ausgesuchte Studen- ten und Dozenten in die Bundesrepublik einrei= sen, um hier Daten über die Regimegegner zu sammeln, während i ranischen Wissenschaft- lern/Innen, die sich hier um eine Aufenthalts- erlaubnis zu Studienzwecken bemühen, die Aus- weisung ins Haus steht - im öffentlichen Interesse seI bstverst ndlich An Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher Bundesaußenministerium 5300-BONN 1 Berlin, den 23.1188 Sehr geehrter Herr Minister Genscher, diesen Brief hätten w Ir Ihnen eigentlich zu dem Zeitpunkt schreiben sollen, als Sie sich als Bun- desaußenminister bei den Politikern in Teheran fur die Freilassung von Herrn Co. .rdes - einer der Geiseln der Hesbollahs im Libanon bedankt 5 Im Zeichen des Chamäleons 1978
12/88 ligareport .6 haben, obwohl :Sie, wie di-e .:W.eltöffentlichkeit wußten, daß dite iranische :Regierung bei der G is&nah.me: dite HauptröFIe.gespielt hatte. Für •afte, diledie, Menschenrethtsd k iaration achten, ::.iSt es: schwierig zu: vers when,daß: m.an 1 einerseits .Geiselnahmen verurteilt, sich andererseits aber vor den GeiseJnehrr rn verbeugt. Sie reisen‘ in .ein Land, Herr:.Minister,Lin dem seit ‘Gründung der lstaffliscbenr Republik alle gese:lI- schaftlichen, politischen und. individu&Ien‘J‘Rech- teHaufgehoben sind. :Si e reisen ‘in in Land, indem Tausende von O.ppositi:onellen‘ nicht nur als! Gefangene, .son- dem auch:Ats:Geiseln inhaftiert sind. Wir vetfü- gen:üher eine .AnzahLvon Dökurnenten, die:b:e- weisen daß noth nicht voH3ährige Jugendliche di-el 1981 1 inhaftiert worden waren, vor kurzem • id. lt nach.siebenJährenl Haft - aJs“Schuki.ge“ aüfgrund von Aktivitäten der Oppositionellen ‘ adßerhalb der Gefangnis.se hingerithtet.wurden. Sie reisen in ein. Land, in dentEbrahi.m T‘Frusesch, •e;ner.der Geiselnehmer der, amerikanischen ..Bol- schaft ‘in;Tehe.ran, mit ihnen. und Ihrer Delegation am Verhandlungstisch sitzen.wird -: diesmal:nicht als .Gi.s lnehmer, sondern als ‘Minister für Aufbau. $ie reisen in ein Land, aus dem Ste nach ‘Ihrer Rückkehr vor vier Jahren verkündeten, eine un- abhängige Beobachterkommission über die Miß.. achtung der Menschenrechte einberufen zu wol- len - eine Kommission, die im Verlauf dieser vier Jahre vielleicht in der Lage gewesen ware, das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen im Iran zu mindern. Leider blieb dies eine Absichts- erklärung. Aus diesem Grunde, Herr Minister, befürchten wir, daß auch diesmal über den Waffenstillstand, die Verkündung des Wiederaufbaus und die Aus- sicht auf i ntensivere Wirtschaftsbeziehungen zum lran die Menschenrechte wieder in Verges- senheit geraten. Deshalb bitten wir Sie; 1. die Einberufung der unabhängigen Beobach- terkommission über die Mißachtung der Menschenrechte zu verwirklichen; 2. in Gesprächen mit der mischen Republik auf der Gefängnisse durch Kom-mission zu bestehen; 3. ein Ende von Folter und Hinrichtungen im Iran zu fordern, Hochach tungsvoll GASTKOMMENTAR: Die Freundst.haftsdje nste tragen bI.u‘tiflfrüchte Acht Jahre lang ‘haben ‚alle miteinander das Krieg ‘feuer ‘geschürt, Saddam auf Chom.eini, Chomei‘hi auf .Saddam ! Hossein ...ge- hetzt... Drei und fünfzig ‚Länder aus LOst und West ‘schtckten Waffen, darunter •.achtundzwanzi.g .Hgleichzeitigan.beide Länder. 980 Millia.r:denMa k werden die Ausgaben fur Waffen und Rustung in diesem Krieg g ‘esch:ä-tzt. ‘JD.er Jrak hat im Durch- schnitt jährlich 42 .MIi [ lli.arden,..der..lran doppelt. so viel für Kriegsmaterial beiahlt, . da‘.mit beide Vol ker L ihre Länder mit modernen Waffen in Schutt und Asche Ltegen. Wie viele Schulen, ..tJn ‘iversitäten; Kindergärten, . Krankenhäuser, wi.e viele ‘Straßen, L Häfen, Fäbr.iken hätte man :mit diesen Summen ::bauen, wie •v el‘e Ländereien fruchtbar machen .könner1! Fast acht. Jahre lang :wurde außerhal.b der, beiden • .Lander über diesen Krieg geschwi-egen, kaum jemand- redete...von Millionen Toten, 1 Ver‘Jetzten, Vert.rebenen, ‘über, zerstörte‘Stadte und Dörfer. • Wozu auch?Der‘ Krieg bel bte den Handel, die Region entwickelte sich zum besten Verbrau- chermarkt für Waffen. Auch der Export von zivilen Gütern in den Ländern Iran und Irak konnte dank der Zerstörung der einheimischen Industrie dieser Länder erheblich gesteigert wer- den. So lange also der Krieg sich eingrenzen ließ und den Transport von Waren, Waffen und Öl nicht beeinträchtigte, so lange schienen allen Außenstehenden, von den USA bis zur Sowjet- union, von Frankreich bis zur Volksrepublik China, von Israel bis Nordkorea, die Folgen des Krieges unerheblich. Selbstverständlich mischte da die Bundesrepublik Deutschland auch tüchtig mit. Offiziell durfte sie keine Rüstungsgüter in Kriegsgebiete exportie- ren. Dennoch war sie mit umfangreichen Waf- fenlieferungen am iranisch-irakischen Krieg be- teiligt. Die Gesetze wurden dadurch umgangen, daß Waffen und Rüstungsmaterial als zivile Güter deklariert wurden, oder sie wurden gemeinsam mit ausländischen Unternehmen produziert. Da tauchte die Bundesrepublik namentlich nicht auf, in den Statistiken wurde sie nicht erwähnt. So haben bekannte deutsche Firmen wie Daimler Benz, Titan-Käsbohrer, Fritz Werner GmbH, MBB, MAN, Leuko Blohm und andere durch die Ent- sendung von Kriegsmaterial an beide Gegner Milliarden an dem Krieg verdient. Nun sind diese Fakten nicht mehr aktuell. An der Kriegsfront herrscht Ruhe. Das bedeutet keines- wegs, daß die beiden ruinierten Länder Iran und lrak aus dem Blickfeld der Unternehmer gerückt sind. Das Wirtschaftsinteresse für diese ist mit Regierung der Isla- einer Untersuchung eine internationale (M. Rafi - Vorstandsmitglied)
9 12/88 liga report gelassen wurde. Sein Onkel schrie .b an das Bun- desinnenministerium, schilderte den Fall und bat darum, den physisch un.d psychisch Qesdhwläch- ten aufnehmen zu wollen. Die ablehnende • ntwort erfolgte postwendend: DER DLJNDESMIItISTER DES I NNERN n.. , ‘l., Uuh.., hM *( !.!O l Ne. .‘.Qø..,, te.zzei 3 137 IRN Ii :68L.35t g tEQflQ530e9c,e,. 1 MJeeiig*Mud. N. iterrn C ø StralS‘ d4r 444,s!,.t - U bach 6. S ptenb ,r 1988 Betr.: Ei nre i se in die Oursciesrepubi lt GeutschI.ie.nd; Ubernahme nach2.2 AusiG: itIer: iranischer Staatsa:ngehöri.get Sh..e ‘ PLa....rSl , g eb. 1916?, z. lt. ThaI,land Bezug: ihr Scisreiben vom 29. August 1988 Sehr geehrter ites-r H , die,PriJfung ihres AniEeqn,n. L(ir ihren.o.a. Ve.tter4ie Einreise. eriauhrsI s in die ß uzn4msrep jbLlk Dnutschian4 zu erteilen, hat erqnb.en, d e l l ich ihrem AriI1eg en.4vrch.dl.e.AbgAb.e eirrer Ober- :nahmeuekIJrurtg gern. 6 22 A.uslIG lei:der nicht ent:spr.ettsen kann. Mit frpirndiit&en Geti(ieis im Auftrag ctJ Jacobs PAKISTAN n Pakistan befinden sich zur Zeit zwischen 6 000 und 10 000 iranische Flüchtlinge, die Mehrzahl ohne gültige Papiere und gezwungen, sich vor der Polizei zu verstecken. Gezeichnet von Angst, Krankheit und Geldmangel leben sie oftmals zu zehnt in einem Appartment und stecken sich an grassierender Gelbsucht und Malaria an. Seit 1987 haben sich drei Personen selbst verbrannt, um auf ihre hoffnungslose Lage aufmerksam zu machen. Zwischen 600 und 700 Iraner sind beim UNHCR registriert, die anderen vertrauen lieber Schmugglern, die ihnen unter Vorspiegelung von Paß- und Visabeschaffung alles Geld aus der Tasche locken, um auf nimmer Wiedersehen zu verschwinden. Am 22. September 1988 wurden die Iraner Usebe und Mehardet aus Abadan sowie. Mohammed aus Masjed Suleyman von Grenztruppen erschos- sen, als sie von Pakistan nach Indien flüchten wollten. Ein vierter Iraner namens Ibrahim wurde festge:nom!rflen und sagte -aus, ein Pakistani in I lahore habe ihnen hohe Summen abgenom- men, ..mit dem Versprechen, ihnen in tndien A. yl zu verschaffen, .da es dort leichter als inPakistan sei. TÜRKEI ‘In einem «Rundschreiben vom 4. November .1988 ‘bettätigt amnesty international, daß ständig uber Abschiebungen von iranischen Flüchtlin9en aus de(Türkei in denIranterichtetwürd e. Dabei •hand&e es sich teilweise sogar um Flüchtlinge, die .vom UNHcR anerkannt wurden. Anfang August hatte die türkische Presse berichtet, 40 iranische Fi.uchtlinge, die von der Türkei an die iranischen Grenztruppen ausg&i.efert worden waren, seien im ir:an hingerichtet worden. An- fragen von amnesty ilflternatinal an die türkische Regierung blieben unbeantwortet. Vor ‘kurzem erhielten wir ein Schreiben mit der Namens- angabe von neun Iranern, diewahrscheinlich am 28. Septembervon Van ausFinden ‘Iran deportiert •und dort nun im Eefängnis von Choy inhaftiert sind. Von Juli bis September hatten sie auf die Erlaubn is der Auslanderbehörde in Ahkara gewartet, dorthin fahren zu dürfen. Anfragen beim UNHCR in Ankara wegen der langen Warte- zeit wurden von einem Mitarbeiter mit “verwal- tungsbedi ngter Verzögerung“ beruhigt. Den “Skandal“ einer Deportation könne sich die Türkei nicht noch einmal erlauben, da sie auf ihren Ruf in der Weltöffentlichkeit bedacht sei. Aber nicht nur türkische Behörden deportieren iranische Flüchtlinge. Angehörige der iranischen Botschaft in der Türkei haben vor kurzem versucht, einen Oppositionellen - gefesselt und mit verbundenen Augen in den Kofferraum gesperrt - in den Iran zu bringen. Ein türkischer Tankwart schöpfte Verdacht und alarmierte die Polizei, die die fünf Botschaftsangehörigen zu- nächst festnahm. Zwei Diplomaten und zwei Mitarbeiter wurden auf freien Fuß gesetzt, einer festgenommen. Die iranische Opposition wird nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland verfolgt. Dies ist nicht der erste Fall und wird auch nicht der letzte bleiben. Von einem Schutz vor Verfolgung in der Türkei kann jedenfalls keine Rede sein. Spendenautruf Unser Einsatz für Asyibewerber hier, der auch mit Anwaltskosten verbunden ist, die Unterstützung von Flüchtlingen in der Türkei und Pakistan, die Öffentlichkeitsarbeit gegen Menschenrechtsverletzungen im Iran zwingen uns, Sie um Spenden zu bitten. Ohne Ihre Unterstützung können wir nicht weitermachen. (Wir sind als gemeinnützig anerkannt!) Postscheckamt Bin-West Konto-Nr. 749-49-107 (BLZ 100 100 10)
liga report 10 Politisch gefährlich in Teheran bemühte sich AußenmIni- ster Genscher um politische Getan- gene — die schlimme Wahrheit wurde Ihm vorenthatten. D ie Anweisung der bärtigen Revoiu- tionswächter vom lokalen Volksko- mitee an die Angehörigen des Urologen Ahrned Danesch war eindeutig: Sie soll- ten sich unverzüglich im Evin-Gel ängnis melden und dort die persönliche Habe ihres Verwandten in Empfang nehmen. An. der Kerkerpforte bekam ein Bru- der des seit Mai 1983 ohne Gerichtsur- teil inhaftierten Arztes ein. Bündel und 8000 Rial ausgehändigt — gegen Quit- tun g und mit dem Verbot, öffentlich zu trauern. Seither ist für die in Köln leben- dc Familie Danesch zur Gewißheit ge- worden, was sie seit Monaten befürchte- te: Ahmed Danesch wurde aller Wahr- scheinlichkeit nach am 16. November — wie Hunderte seiner Mit häftlinge in die- sen Monaten — vom Regime der Ajatol- iahs liquidiert. Den Bonner Vizekanzler Hans-Diet- rich Genscher,, der vergangene Woche als erster westlicher Außenminister seit dem Wäffenstillstand im Golfkrieg den Iran besuchte, erreichte die Nachricht der Familie Danesch wenige Stunden vor seinem Abflug. Wo immer Genscher in Teheran Auskunft über das Schicksal des Arztes suchte, erhielt er hinhaltende Antworten — und das ihm, der sich über Monate gerühmt hatte, als einer der we- nigen im Westen den Kontakt nach Te- heran gehalten zu haben. Genschers Arniskollege Ah Akbar Welajati, der zur Behebung der Kriegs- schäden sein Land nach Westen öffnen will, mühte sich verlegen, die Hinrich- tung zu bestreiten; auch die anderen Ge- sprächspartner — Staatspräsident Ah Ch amenei, Premierminister Hussein Mussawi und Parlamentspräsident Ha- scherni Rafsandsch.ani — blieben wort- karg. Welajati gestand immerhin ein, er habe selbst Schwierigkeiten, Auskünfte über das Schicksal von HMIJingen zu be- kommen. Hinters Licht. geführt wurden auch die Journalisten, die Genscher begleiteten. Rafsandscha.ni behauptete, „keine Infor- mationen über diesen Fall“ zu ha- ben,, Vize-Außenminister Moharnmed Dschawad Laridschahi, der mit Gen- scher tags. zuvor den Fal!l Danesch erör- tert hatte, wich aus: „V ‘ir hören den Na- men zum erstenmal..“ Das ist mit Sicherheit falsch. Mehr als 100 Bonner Politiker, darunter Bundes- kanzler Helmut Kohl, Ex-Kanzler Wi1iy Brandt und der frühere Bundestagsprä- sident Philipp Jenninger, hatten sich seit Monaten bemüht, eine Hinrichtung dies 5Sjährigen abzuwenden. Der Mediziner, der 20 Jahre in der Bundesrepublik gelebt und zuletzt als Obera 7A am katholischen St. -Vinccnz- Hospital in Duisburg gearbeitet haue, war im November 1972 in seine Heimat. zurOckg ehrt- In Teheran gelang Da- nesch 1978 die erste erfölgreiche Nie- rentranspiantation im. Iran. Als er vor über fünf Jahren von Revolutionswäch- tern aus seinem Privathaus verschleppt wurde, hielten die neuen Machthaber dem Schah-Gegner vor, ein führendes Mitglied der kommunistischen Tudeh- Partei zu sein. „Dies reicht allerdings in der Islami- schen Republik nicht aus, verhaftet, ge- schweige denn zum Tode verurteilt zu werden“, schrieb Irans Bonn-Botschaf- ter Mahdi Ahari Mostafawi dem SPD- BundestagsabgeOrdneten Gerd Andres im Oktober 1988. Diese „Schwerststra- fe“ werde nur verhängt, wenn sich der Betreffende „des Mordes schuldig ge- macht oder einen für die Sicherheit des Landes schwerwiegenden Landesverrat in Kriegszeiten begangen hat“. Dem mehrfach schwer gefolterten Da- nesch wurde weder das eine noch das andere vorgeworfen, in einem Schrei- ben, das er Anfang 1987 aus seiner Zelle schmuggeln konnte, berichtete Danesch, ein „junger Geistlicher “ habe ihn ge- fragt, ob „ich noch meine Überzeugung beibehalten habe“. Erst später habe er erfahren,, „daß diese Sitzung meine Ge- richtsverhandlung war“. Wie Danesch, der im Gefängnis seine mißhandelten Mithäftlinge medizinisch versorgte, sind Hunderte Iraner in den letzten Monaten zum Tode verurteilt worden. Seit der Iran und der Irak sich am 7. August auf einen Waffenstillstand geeinigt haben, rollt im Qhom.eini-Staat, mit dem Bonn vergangene Woche ein Kulturabkommen absch.loß, eine neue Hinrichtungswei le. Reisende aus dem Westen wie Bonns Genscher und die mit ihm eingefioge- nen Manager westdeutscher Firmen werden von Rafsandschani freundlich empfangen; der Parlame n‘tspräsident feiert den „neuen Beginn“, läßt sich aber weder feste Zusagen über neue Millionengeschäfte mit dem Ajatollah- Regime abringen, noch gibt er Auf- schlüsse über die zum Teil seit Jahren im Libanon festgehaltenen westlichen Geiseln. Den geplanten Besuch auf dem Mär- tyrer-Friedhof Behescht-e Sahra, wo der Blutbrunnen mit rot eingefärbtem Was- ser eine Stunde vor Kranzniederlegun- gen angestellt wird, ließ der verärgerte deutsche Außenminister in letzter Mi- nute absagen. Er gab statt dessen dem iranischen Fernsehen ein Interview. • DER SP EGE . , Nr 49/1988 12/88 w In eigener Sache Die Dokumentation über Menschenrechtsverletzungen im Iran ist erschienen. Auf fast 300 Seiten dokumentiert sie folgende sechs Kapitel von 1979 bis Mai 1988: lranisches Recht - und Rechtssystem, Politische Verfolgung in der Islamischen Republik Iran, Ethnische und religiöse Minderheiten, Frauen in der Islamischen Republik, Kinder und Jugendliche, Verstöße gegen die Moralvorschriften. Das Buch ist bei uns zu folgenden Preisen zu erwerben: 1 Exemplar 40,- DM ab 5 Exemplare 35,- DM ab 10 Exemplare 30,- DM