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For the 40th anniversary of the declaration of human rights

Daily news of cruel atrocities in Iran • Mass executions in Iran • Hundreds of thousands of people lie in mass-graves • In October members of the Tudeh party and Mudjahedin have been executed in Babol • Mass graves plundered by dogs, young girls raped before execution

          
          Liga
          :: LI‘epOI‘ .t
          P.O.Box 752 D— 1000 Berlin 15.
          Dezember 88 er. .Jefon (:030) 825 8552
          Postscheckamt Berlin West Konto-NT.: 749 49-107 (RLZ .100.100 10)
          JIJ W J
          Editorial P, 7r(J ?
          Zum 40. Ja .hre.stag der Menschen-
          ‚recht.sdeki.aration
          Am 0. Dezember p1988 jahrt.s cb zum 40. MaI .die
          Verabschiedung der Allgemeinen .Er:kl rung d.er
          Menschenrechte durch di.e .Gereralversammlurg
          der Vereinten Nationen. Sie soll als Maßstab und
          gemeinsam z.u erreic hen.de.s Ideal allen Vöik :ern
          und Nationen diese.r Erde dienen und ist eines
          der ilebendigsten Dokumente der Menschheits-
          geschicbte, das den festen Glauben an die Grund-
          rechte des Menschen widerspiegelt. Auslösendes
          Moment für diesen internationalen Menschen-
          rechtsschutz waren die Greueltaten, die sich
          Deutschland bis 1945 hatte zuschulden kommen
          lassen und die vielen Nationen den Zusammen-
          hang zwischen der Achtung des Menschen und
          dem Frieden in der Welt bewußt gemacht
          hatten.
          Aus der Uberzeugung heraus, daß Verkennung
          und Mißachtung der Menschenrechte zu Akten
          der Barbarei führen, verkündete die General-
          versammlung die Notwendigkeit für die Schaf-
          fung einer Welt, in der jeder Mensch - gleich
          welcher Rasse, Religions- und Geschlechtszuge-
          hörigkeit - ein Recht auf Leben, Freiheil und
          Sicherheit der Person und Anspruch auf Aner-
          kennung als Rechtsperson hat. Jedem Menschen
          wird Gleichheit vor dem Gesetz und Schutz durch
          das Gesetz zuerkannt, somit auch der Anspruch
          auf wirksamen Rechtsschutz vor den inner-
          staatlichen Gerichten, die unabhängig und un-
          parteiisch entscheiden sollen. Die Freiheitssphare
          des einzelnen soll ihn vor Eingriffen in das Privat-
          leben schützen, Meinungs- und Informations-
          freiheit, Versammlungs- und Vereinsfrei heit zu
          friedlichen Zwecken ihm Gelegenheit geben, das
          öffentliche Leben mitzubestimmen. Folter oder
          erniedrigende Behandlung oder Strafe sind ver-
          boten.
          Vierzig Jahre sind seit der Menschen.rech!tsdeid.a
          rahon vergangen, zehn iah.re.seit der Gründun.g
          der Islamischen Rep.ub,lCi k Iran. Nicht ein. Artikel
          wurde realisiert, sondern jr Gegenteil.: alle .Arti
          kel wurden und werden lag fur Tag verletzt. Dies
          anzuprangern sehen wir die,Mi.tgheder der Liga
          Verteidigung der Menschenred ite im Iran,
          seit unserer Gründung vor sechs Jahren als
          oberste Pflicht an, und wir bitten alle, uns dabei
          zu unterstützen.
          Tagliche Nachrichten.a.u.s dem Iran v:e kün:den,das
          grausame Vorgehen des Regimes. Nach dem
          Waffenstillstand lautet die Parole “Wiederauf-
          bau“, der au h die im Ausland lebenden Iraner
          eIgen sollen. Sie wurden aufgerufen, beim Wie-
          deraufbau zu heifen, docb die Hi::n.richtungen
          Hunderter von Arzten, Ingenieuren und anderer
          Akademiker, die in der Bundesrepublik und
          Europa studiert hatten, hat auch den letzten
          Zweifel am Wahrheitsgehalt des Aufrufes ausge-
          raumt - dies haben besonders die Hinrichtungen
          der letzten drei Wochen bewiesen.
          Dennoch - wir geben die Hoffnung nicht auf, wir
          glauben an die Würde des Menschen, daran, daß
          es nicht ewig so weitergehen wird und daran,
          daß diejenigen, die uns nahestehen, uns weiter-
          hin unterstützen werden!
          nr 5
          Unseren Lesern
          Wir wünschen Ihnen eine geruhsame
          und schöne Weihnachtszeit und ein
          neues Jahr, das positiv verlaufen
          möge!
          Uns wünschen wir, daß eine Dele-
          gation die Gefängnisse im Iran unter-
          suchen darf, daß Folter und Hin-
          richtungen ein Ende gesetzt wird und
          die . politischen Gefangenen freige-
          lassen werden. Unterstützen Sie bitte
          unsere Forderungen und senden Sie
          beiliegende Karte mit Unterschrift und
          frankiert in den Iran!
          A,A000274
        
          
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          12/88 Ilga report
          Mass.enhinri‘cht.ungen im
          Iran!
          Seit dem 20.. August t988. herrscht. an der
          Kriegsfront zwischen Iran. und Irak Ruhe. Für die
          W‘eltöffenttich,k.eit sind die Hunderttausende
          Opfer, die teilweise namenilos. in Massengräbern.
          liegen, längst vergEssen. Um die invaliden und
          Hinterbliebenen kümmert sich kaum noch je-
          rnand
          Der Waffenstillstand hat der ira:nischen und
          irakischen Bevölkerung‘ keineswegs den lang.
          ersehnten Frieden gebracht. l m Gegenteil, in
          beiden Ländern ist der Terror gegen die eigene
          Bevölkerung erheblich verstärkt worden..
          Saddarn Hos.sein sa.h in. dem Waffenstillstand ei ne
          Gelegenheit, endlich einmal mit den Kurden
          abz.urechnen. Auch die herrschenden Theok raten
          im Iran haben sogleich nach d.er Einstellung der
          Kampfhandlungen mit Zwangsumsiedlung i rani-
          scher Ku.rden begonnen. Das Ziel isi die. Ver-
          nichtung des kurdis:c.h.en Widerstands, der bereits
          seit der Machtu bernahme der Ayatollahs im Iran
          um die innere Autonomie der kurdischen Min-
          derheit kämpft. Doch die Theokraten im Iran
          wollen sich nicht mit der Liquidierung der Kurden
          begnügen. Unfähig, der Bevölkerung plausibel
          zu machen, wieso sie acht Jahre lang “Krieg,
          Krieg, bis zum Sieg“ gerufen und dabei Millionen
          Menschen geopfert haben, unfähig auch zu
          erklären, wieso sie plötzlich der UN-Resolution
          zugestimmt haben, obwohl sie dieselbe ein gan-
          zes Jahr lang als Machwerk des Teufels bezeich-
          net hatten, versuchen sie nun durch die Her-
          stellung einer Atmosphäre der Angst, jede Frage
          nach einer Logik des achtjährigen Kriegs und
          nach dem Grund für den überraschenden Sinnes-
          wandel zu unterbinden. In den iranischen Ge-
          fangnissen wurden Hunderte von Gefangenen,
          die schon Jahre zuvor inhaftiert worden waren,
          hingerichtet. Zahlreiche Oppositionelle, die
          bereits ihre Gefängnisstrafe verbüßt hatten und
          entlassen worden waren, wurden erneut inhaf-
          tiert und viele von ihnen, ohne jede Angabe von
          Gründen, exekutiert. Zur Abschreckung der
          Bevölkerung werden in vielen Städten die Ge-
          fangenen auf öffentlichen Plätzen erhängt. Der
          oberste Justizherr des Gottesstaates, der Geist-
          liche Musavi Ardebili, verkündete kurz nach
          Annahme der UNO-Resolution 598 am 5.8.88
          beim öffentlichen Freitagsgebet: “Die Justiz
          steht unter starkem Druck der öffentlichen Mei-
          nung. Wir werden gefragt, warum wir die
          (Gefangenen - d. Ü.) überhaupt vor Gericht stel-
          len, statt sie alle hinzurichten ... Das Volk
          verla:rigi, daß. alle ausnahmslos hingerichtet
          werden.. ‘ Diesem vermeintlichen Volkswillen
          haben die selbs.ternannten Vol;ksvertret:.er auch
          tatsächlich entsprochen. Es ware ein vergeblicher
          Versuch, die genaue Zahl der in den letzten vier
          Monaten Hingerichteten herausfinden zu wol-
          len. Wir sind auf Schätzungen angewi:e:sen, die
          gehenbis. über 2 000 für die letzten vier Monate.
          Um, jede Illusion über ein.e etwaige Liberai-
          slerungi aus..z.uräumen,. betonte der Oberbe-
          fehFshaber der Organisation der Revoiutions-
          wächter, Rezai, am 17.8.88: “Die Reval u.t.ions
          wächter haben darauf zu achten, daß die An-
          nahme der UJN-Resolut.icn nicht etwa gleich-
          bedeutend ist mit einem Ende des Kampfes
          gegen die Feinde der Revolution.
          Durch. Zeichensprache deutete kürzlich ein
          Gefangener einem Angehörigen an, daß im
          Teheraner Evin -Gefängnis 600 Personen hin-
          gerichtet worden seien Uns wurde berichtet,
          daß im Gohardascht-Gefängnis mindestens. 6.0
          Personen exekutiert wurden. Angehörige waren
          aufgefordert worden, die Hinterlassenschaft der
          Getöteten abzuholen. Ein weiterer Beweis:. für
          die Massenhinrichtun.gen sind die Fotos., die wir
          vor wenigen Tagen aus Teheran erhielten. Auf
          diesen Fotos vom Friedhof der “Verdammten“
          (Lanat Abad) in Teheran ist deutlich ein
          Massengrab mit zerstückelten Körperteilen zu
          erkennen.
          - i
          Anfang November erreichte uns aus dem Iran ein
          Brief, in dem es heißt: “... Nach wie vor werden
          die Hinrichtungen auf breiter Ebene fortgesetzt.
          Auf Anweisung Chomeinis ist eine dreiköpfige
          Kommission mit uneingeschränkter Vollmacht
          beauftragt worden, die Lage in den Gefängnissen
          zu untersuchen. Die Kommission nimmt sich
          einzelne Gefangene vor und versucht heraus-
          zufinden, ob der Betreffende seiner ursprüng-
          lichen Gesinnung treu geblieben ist. In diesem
          Fall wird er sofort hingerichtet. Ein Gefangener,
          bei dem die Kommission einen gründlichen
          Gesinnungswandel feststellte, und der sich sogar
          bereit erklärt hatte, an die Front zu gehen, wurde
        
          
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          12/88 liga report
          ebenfalls hingerichtet [ Er hatte sidh nämlich
          geweigert, nöti.genfaUs :i m ‘Krieg als Minen
          usl.öser zu fungieren.
          %us unserem Bekanntenkreis wurden in den
          letzten zehn Tagen drei Personen nach sieben-
          jahrigem Gefangnisaufentha;lt hingerichtet Der
          Famihe eines Hin:gerichteten wurde verboten,
          eine Trauerfeier abzuhalten. Nachdem si:ch den-
          noch einige Personen zur K.ondole.nz einge-
          funden hatten, wurde ern Onkel des Hinge-
          richteten verhaftet Die Zahl der Hinhch-
          tunge.n liegt - relativ gesehen - außerhalb der
          Hauptstadt höher s in Teheran
          Hingerichtet wurden zahlreiche Gefangene., die
          bereits vor Jahren inhaftiert worden waren.
          [ Morad .X ist ein 8ei piel für viele. Er wurde 1981
          mit sechz hn ‘Jahren als Mitglied der Volks-
          :modjahedi.n festgenommen. ‘Ein Jahr ‘lang ver-
          brachte er im [ Evin-Gefängnis, danach wurde er
          ins Ghezel He.zar-Gefängnis verlegt. Nach sieben-
          ja hriger Haft wurde er- ohne Richterspruch oder
          die Möglichkeit der Selbstvertei digung - [ im
          November dieses Jahres hingerichtet.
          Gelegentlich erhalten Gefangene am Vorabend
          .Lhrer Hinrichtung die ‘Erlaubnis, iu Hause
          anzurufen. Die Frau eines Hingerichteten schrieb
          vor kurzem:
          “... Was habe ich doch für eine dicke Haut, daß
          h trotz allem was geschehen ist, noch atmen
          Kann! Und wie hartnäckig war X, daß er die
          Folterungen sechs Jahre lang ausgehalten hat.
          Hatten ihn die Mitleidlosen doch gleich am ersten
          Tag umgebracht, statt ihm ewige Qualen zu-
          zufugen. ... Am letzten Tag hat er mit mir
          gesprochen. Sein Lachen klang noch wie damals,
          als er mich betört hatte. Zuerst glaubte ich, er
          würde freigelassen, aber nachdem er mit allen
          Angehörigen gesprochen hatte, spürte ich ein
          elendes Gefühl in mir. ‘Es muß etwas dahin-
          terstecken‘, sagte ich. Male nicht den Teufel an
          die Wand ‘, erwiderte meine Tochter. Jedenfalls,
          am Mittwoch hat er mit uns gesprochen, am
          Donnerstag wurde er erschossen ... Wie soll ich
          das aushalten?“
          Die Brutalität des Regimes scheint ein so starkes
          Ausmaß angenommen zu haben, daß selbst der
          desi gnierte Nachfolger Chomei nis, Ayatollah
          Montazeri, sich genötigt sah, sein Schweigen zu
          brechen und Einhalt zu gebieten. “Was geht
          eigentlich in den Gefängnissen vor“, schreibt er
          am 30.9.88 an Revolutionsführer Chomeini.
          “Zahlreiche Menschen, die sich nichts haben zu-
          „ .schulden kommen lassen, wurden zu hohen
          ?fangnisstrafen verurteilt. Nach drei oder vier
          jahren Haft wurde ein neues Urteil über sie
          ausgesprochen, danach wurden sie hingerichtet.
          Diese Praxis stellt die Legitimität unseres Rechts-
          systems in Frage.“
          ‘Die Antwort., die Montazeri erhielt, zeugt davon,
          daß der Führer der Islamischen Repub i“k..sehr
          wohl über die Vorgänge in den iranischen Ge-
          fängnissen und über die Einrichtungen infor-
          miert is.t und diese auch befurwortet. Er ließ
          durch seinen Sohn Ahmad mitteilen: “Mein
          Vater hält Ihre Kritik, die sich auf den Lrn ar..g
          mit Konterrevoiutionaren bezieht, fur unzu-
          treffend.“
          Geschürt wird die Atmosphare der Angst auch
          durch Festnahmen und ‘Hinrichtungen von be-
          reits entlassenen H ftl:ingen So wurden mehrere
          tausend Menschen während der ‘letzten Monate
          n Sandjan, ls.fahan, Ney hapur, H.amedan,
          Kermanshah, Mesched, Tabriz, Karadj., Resht,
          ilam und Teheran verhaftet Unter ihnen
          [ befinden si h eirii:ge :M:itgiieder der Nehzat-e
          Azadi (Freiheitsbewegung, die vom ehemaligen
          Ministerpräsidenten Mehdi Bazarga-n geführt
          ird), ‘Mitglieder der Volrksm.odjahedin, der
          Volk.sfedayin, der Tudehpartei
          Die Situation erinnert an d e Pogrome von
          1981/82. ‘Viele der Inhaftierten durften ihren
          Angehörigen ihren Aufentha [ ltsort niCht mit-
          teilen.
          Auch die Medien leisten zur Abschreckung der
          Bevolkerung ihren Dienst. Sie propagieren Hin-
          richtungen auf öffentlichen Plätzen. So wurde
          z. B. am 3.8.88 die Erhängung von sieben Per-
          sonen bekanntgegeben. Ein Foto zeigt die an Sei-
          len hängenden Ieblosen Körper. Die Uberschrift
          lautet: “Sieben Abtrünnige (das ist die offizielle
          Bezeichnung für die Mitglieder der Volks-
          modjahedin - d. U.) sind in Bachtaran erhängt
          worden.“
          Seit dem Waffenstillstand werden auch Haus-
          durchsuchungen wieder massiv vorgenommen,
          angeblich, um Rauschgiftdelikte und “moralische
          Vergehen“ aufzuspüren. Kein Wunder, daß diese
          Delikte und Vergehen in den meisten Fällen bei
          politisch unliebsamen Personen festgestellt, und
          politische Widersacher unter dem Vorwand einer
          kriminellen Straftat verhaftet werden. Dazu
          dient auch die Anweisung des Sprechers der
          Obersten Justizbehörde, der den Richtern
          unverblümt empfiehlt, “sich bei ihrem Vorgehen
        
          
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          12188 liga report
          gegen oppos t.ionell:e Gruppen zu bemühen,
          diese als Ungläubi.ge darzustellen . .. Ferner
          müssen. Rauschgiftschmuggel, Verderbnis, Miß.—
          achtung der islamischen K.l eidervorschrift und
          Die:bst ahl ‘ hart bestraft werden.“
          Die nach dem Waffenstillstand eingeschlagene
          harte Linie wird auch d:adu«h. verdeutlicht, daß
          politische Gefangene keine Besuche• r rneh.r
          empfangen dürfen. Damit. soll vor allem. ver-
          hindert werden, daß Informationen, übe,r die.‘
          Vorgange in den Gefangniss:en nach außen ge-
          langen. Diese Maßnahme: ist allerdings. se t
          einigen Tagen teilweise aufgehoben worden..
          Im August 88: errei:cht,e uns das Schreih.e-n: der
          Mutter eines. politischen Gefangener. in dem es
          u.. a.. heißt: “Nach Annahme der Resotution S98
          hat sich hier die Lage wesentlich verschl:echtert.
          Viele Ge•fangen.e sind grundlos hingerichtet wor-
          den. Deshalb sind X. und‘ ich. seit Wochen rasttos
          auf den Beinen. Jeder neue Tag bringt uns
          besorgniserregen!dere Nachrichten. Ich weiß
          nicht, wohin dies alJes führen wird. Zur Zeit v.er-
          suchen die M ütier der Gefangene-n, auf die.
          Behörden Druck auszuüben. Ob dies etwas bewir-
          ken wird, läßt sich nicht voraussagen.. Besuche. für
          politische Gefangene - gleich welcher Gruppie-
          rung sie angehören mögen - sind gestrichen. Wer
          weiß, was die unseren Kindern noch antun
          werden.“
          Besorgt um die Zukunft sind nicht nur Ange-
          hörige von politischen Gefangenen. Selbst unter
          den Führern der Islamischen Republik melden
          sich immer mehr warnende Stimmen, die die
          Befürchtung hegen, daß die Verschärfung des
          Terrors gegen die eigene Bevölkerung den
          Bestand ihrer Macht gefährden könnte. So
          wandte sich Ayatollah Montazeri mit scharfen
          Worten an Ministerpräsidenten Mussavi. In
          einem Schreiben, das vom 1.10.88 datiert, aber
          nicht veröffentlicht ist, stellt er fest:
          “Die harte Durchsetzung islamischer Strafmaß-
          nahmen hat nicht zum Erfolg geführt, sie hat im
          Gegenteil noch größere Probleme geschaffen.
          Man hat die Verantwortung in die Hände von
          einigen unausgegorenen und mit, Komplexen
          behafteten Jugendlichen gelegt, was zu zahl-
          reichen Mängeln und Ungerechtigkeiten geführt
          hat. Sie begehen einen Fehler, wenn Sie sich auf
          die Berichte dieser Bediensteten verlassen! ... Der
          Informationsdienst, die Organisation der Revolu-
          tionswächter, die Revolutionskom i tees, die
          Staatsanwälte, die Untersuchungsrichter u. a.
          müssen ihre Vorgehensweise überprüfen. Die
          häufigen Verhaftungen, Brutalitäten, Strafen,
          Einkerkerungen und Hinrichtungen bringen uns
          nichts und vestärken darüberhinaus die Unzu-
          friedenheit unter der Bevölkerung, die das
          eigentliche Kapital unseres Landes und der
          Revolution. ist. Die FeNe r der Verantwortlichen
          und B:rutali,täten der BEiensteten., die ständig
          z.un.ehmen, können nie wieder rückgängig ge-.
          macht werden. Es heißt doch: ‘Sündhaftes Ver-
          gehen wird die Welt: nicht. zu Grunde ricter,
          wohl aber die Ungerechtigkeit..‘ Die. Welt-
          öffentlichkeit wi‘rdi uns verurteilen und in. d.i:e
          politische. Isolation treiben. Daher müssen Ver-
          haftungen. u:nd Strafrna.ßnahm:en unbe.diin.gt auf
          ein Minimum: reduziert werden Millionen
          Iraner befinden sich im: Ausland auf der Flucht.
          Die hier herrschende Atmosphäre und das harte
          Vorgehen der Behörden haben sie dazu ge.-
          trieben.. Unter den Flüchtlingen befinden sich
          zaN reiche Spezialisten und Fachleute, deren
          unser Lan.d dirin.gend bedarf. Schon die Tatsache
          ihrer Anwesenhei.t im Ausland‘ schadet dem:: Ruf
          unseres Landes und ist ein Beweis dafür, daß in
          unserem. Land Angst. und, Unterdrü‘ck.t‘mg herr-
          schen.. Es. muß eine. allgemeine Amnestie erlassen
          werden .... Wir müssen das Volk ernst. nehmen.
          Wichtige Entscheidungen, außenpolitische Be.zi:e
          hungen., politische Strategien. werden sich, nicht
          für: immer. verh:eii.rnli.ch.en lassen... Früher oder
          später werden: die- Lügen entlarvt - wenn nicht
          durch uns, dann durch unsere Feinde.“
          Als designierter Nachfolger Chomeinis kann sich
          Ayatollah Montazeri diese kritischen Äußerun-
          gen erlauben. Das gilt aber nicht für andere
          Geistliche oder Politiker, selbst wenn sie als
          Volksvertreter im islamischen Parlament sitzen.
          Die islamische Revolution ist seit langem dabei,
          ihre eigenen Kinder zu fressen. Vor zehn Tagen
          wurde bekannt, daß zwölf Geistliche, darunter
          einige Abgeordnete des Parlaments, hingerichtet
          worden sind. Die meisten von ihnen, z. B. der
          Geistliche Omid Nadjaf Abad, zählen zu engeren
          Mitarbeitern von Ayatollah Montazeri. Berichtet
          wird auch von der Verhaftung zahlreicher
          schiitischer Würdenträger, die offenbar nicht
          mehr gewillt sind, die Vorgänge im Iran
          schweigend zu dulden. Am 25.11.88 erlag der
          ehemalige Gesundheitsminister Dr. Kazem SAMI
          in einem Teheraner Krankenhaus den Verlet-
          zungen und gezielten Bedrohungen von Schlä-
          gertrupps, die am 23.11.88 mit Messern auf ihn
          einstachen. Der Grund dafür waren seine Mit-.
          gliedschaft im Kabinett Bazargans und seine
          Opposition zum Regime.
          Über lange Zeit hindurch hatte der Druck von
          außen auf die Führung der Islamischen Republik
          wenig Sinn. Die selbsternannten Stellvertreter
          Gottes kümmerten sich nicht um die öffentliche
          Meinung. Nach der Ruinierung des Landes durch
          Krieg, Mißwirtschaft und Diktatur sehen sich die
          Ayatollahs nun gezwungen, die Tore des Landes
        
          
          12/88 liga report
          7
          dem Waffenstillstand eher gewachsen. Die
          iranischen und irakischen Kühe sollen nun erneut
          .gemolken werden. Nicht daß die Waffenilie-
          Jerungen aufgehört hätten. Beide Regime wol-
          n nun unter dem Vorwand der Selbstver-
          teidigung, Reorganisierung und Modernisierung
          ihres Militärpotentials neue und zusätzliche
          Waffen einführen , Doch auch auf anderen Ge-
          bieten wittern ausländische Unternehmen das
          große Geschäft. Sie wollen iran und Irak beim
          Wiederaufbau ihrer Länder unter die Arme
          greif.en. Aufzubauen gibt es wahrlich genug. In
          dem achtjährigen Krieg wurden 1 800 Indu-
          ‘strieanlagen, darunter sechs Raffinerien und
          zwei Atomkraftwerke, dreizehn Städte und 1 200
          Dörfer zerstört. ‘Der finanzielle Schaden wird a.uf
          500 Milliarden Dollar geschätzt. So ist die
          Reiselust der Unternehmer und Regie. ru ngsdeIe-
          gationen nach Teheran und Bagdad enorm
          gewachsen. Selbstverständlich ist die Bund es-
          republik mit von der Partie. Sie ist ohnehin der
          größte Handelspartner Irans. Kein Wunder also,
          daß Außenminister Genscher schon die Koffer
          gepackt hat und Ende November in den Iran
          reisen wird.
          Das ist bereits Genschers zweiter Freund-
          schaftsbesuch in der islamischen Republik. Er war
          der erste Minister aus der westlichen Staaten-
          gemeinschaft, der vor vier Jahren in den Iran
          ‚.gereist ist, um Chomeinis Gottesstaat Stabilität
          nd Zuversichtlichkeit zu bescheinigen und ihm
          aus der Isolation herauszuhelfen. Nach seiner
          Rückkehr gab der Minister an, mit den Führern
          des Regimes in Teheran unter anderem auch
          über die Mißachtung der Menschenrechte im
          Iran gesprochen und die Einberufung einer unab-
          hängigen Beobachterkommission vereinbart zu
          haben. Doch bislang ist es bei dieser Absichts-
          erklärung geblieben.
          Selbst bei den Verhandlungen des Weltsicher-
          heitsrates über Maßnahmen zur Beendigung des
          Golfkriegs war es nicht zuletzt den Bemühungen
          Genschers zu verdanken, daß man in der am 20.
          Juli einstimmig verabschiedeten Resolution zum
          iranisch-irakischen Krieg auf etwaige Sanktions-
          drohungen und Waffen- und Wirtschaftsboykott
          verzichtete. Damit nicht genug. Kurz nach der
          Verabschiedung der UN-Resolution wurde der
          iranische Außenminister Velayati nicht nur von
          Außenminister Genscher, sondern auch von Bun-
          despräsident Weizsäcker und Bundeskanzler Kohl
          in Bonn empfangen. Zur Freude des Gastes griff
          Genscher dem Urteil der noch von der UNO zu
          bildenden Schiedskommission vor und erklärte
          der Presse gegenüber, der Krieg für dessen Been-
          ligung er plädierte, sei durch den Irak begonnen
          ‚Qorden, eine Feststellung, die genau dem
          Wunsch der iranischen Machthaber entsprach.
          Diese Freundschaftsdienste werden jetzt erst
          recht ihre Früchte tragen, die deutsche Dele-
          gation wird in Teheran gebührend belohnt
          werden. Außenminister Genscher wird die
          blutigen Hände der Mullahs drücken und ihnen,
          wie schon so o•ft, den Willen zum Frieden be-
          scheinigen, wohlwissend, daß der Waffenstill-
          stand der iranischen Bevölkerung keinen Frieden
          gebracht hat und gerade in den letzten Wochen
          Hunderte Oppositionelle hingerichtet worden
          sind.
          Bei seiner Rückkehr in die Bundesrepublik wird
          der Minister seine Hände in Unschuld waschen. Es
          obliege nicht einem deutschen Politiker, sich in
          inneriranische Angelegenheiten einzumischen,
          wird er sagen. Er sei für das Wohl der Deutsch.en
          verantwortlich, die Freundschaft zu den Aya-
          tollahs diene der deutschen Wirtschaft und der
          Milderung der Arbeitslosigkeit. Viele bundes-
          repu blikanischen Politiker und Unternehmer
          ‘werden ihm dabei zustimmen. Welch ein Hohn
          auf die so oft beteuerten Bekundungen zu Men-
          schenrechten und zur Demokratie,.
          Bahman Nirumand
          da werden Menschen zu
          Hyänen
          An einem Mittwoch im Oktober (das genaue
          Datum fehlt) besuchten Mütter von Hingerich-
          teten den Friedhof Lanat-Abad. Angesichts des
          verwilderten Friedhofs wunderten sie sich, daß
          dort ein Kanal gezogen worden war. Am Freitag
          der gleichen Woche aber sahen sie, daß der
          angebliche Kanal wieder zugeschüttet war. Bei
          näherem Betrachten entdeckten sie langes Haar,
          Kleidungsstücke im lockeren Sand. Ihr Verdacht
          bestätigte sich: Es handelt sich um ein Massen-
          grab, in dem unter anderem auch 45 Wehr-
          flüchtige und Angehörige der Volksmodjahedin
          verscharrt sind, wie aus einer Quelle von
          Hezbollahs verlautete.
          Im August wurden in Babol (Nordiran) Mitglieder
          der Tudeh-Partei und der Volksmodjahedin hin-
          gerichtet. Ihre Leichen wurden in ein nicht tief
          genug abgetragenes Massengrab geworfen, das
          sich auf einem außerhalb der Stadt liegenden
          heruntergekommenen Friedhof befindet. Durch
          nächtliches Heulen der Hunde alarmiert, bot sich
          der Bevölkerung ein schreckliches Bild: heraus-
          gezerrte und von Hunden angefressene Leichen
          und Leichenteile.
          Angehörige von Hingerichteten, die die Leichen
          in Empfang nehmen dürfen, berichten, daß sie
          Spuren starker Verbrennungen entdeckt hätten.
          Junge Mädchen seien zweifelsfrei vergewaltigt
          worden.
        
          
          8
          12/88 liga report
          Aus dem B:und stag vom 22.11.88,
          D r. Lippei.t. GRUNE:
          Wir GRÜNEN haben schon im vorigen Jahr statt der
          rund 50 Polizeiref.erenten an den Botschaften der Bun-
          desrepublik die Einführung on Mensch.enrechtsrefe-
          renten gefordert Die Bundesrepu.bkk produziert Jahr
          für Jahr zi hohe Leistu ngsbi1anzü bexsch.üsse. Eine
          Verbesserung der Wahrnehmung von Wirtschaftsin-
          teressen bedeutet also lediglich, daß die weitwirt-
          schaftlidien Ungleicihgewichte :nodh vergrößect wer-
          den. Ein.e Wahrnehmung von anderen interessen be-
          deutet eine Zunahme an Schutz von Menschenrech-
          ten.
          kh will das etwas konkre‘tei machen: W r haben in
          diesem Hause me hifadi :se hr deutlich über die Mor.-
          der.ei gesprochen, die sich Golf-Krieg nannte, Wir sind
          alle sehr froh darüber, daß der Iran und der Irak end-
          lich den Weg zu Friedensverhandlungen finden. Wir
          haben aber qieichzei:tig gesehen, daß das Morden im
          innern we itergeTht. U be.r den Versuc.h der Ausrottung
          der ‘Kurden im .Nordirak haben wir hier des längeren
          debattiert Heute möchte ich die Verhältnisse im Iran
          ansprechen, und ZWdT , weil Sie, Herr .Bundes:müü.ster,
          sich demnächst auf den Weg nach Teheran machen
          werden. Da fällt dann doch wöhl folgendes auf: Wäh-
          rend uns über amnesty international die Nachrichten
          von steigenden Zahlen von HInrichtungen erreichen.,
          begonnen im August, weiterg.e hend bis heute, Nach.
          richten, die gerade dieser Tage durch einen Bericht
          des UNO-Beauftragten Galindo Pohl noch einmal zu-
          sammenfassend bestätigt werden, sind unsere Zeitun-
          gen voll von den Erwartungen unserer Wirtschaft.
          „Süddeutsche Zeitung “, 11. August: „Wiederaufbau
          in Iran und Irak kostet Milliarden“. „General-Anzei-
          ger“: „Die deutschen Firmen in den Startlöchern“,
          FAZ “ 14. September: „Industrie erwartet Milliar-
          denaufträge im Iran“. Auf der 14. Industriemesse in
          Teheran sind mehr als 70 deutsche Unternehmen ver-
          treten gewesen. Dies findet statt, während zugleich
          jene Mordwelle durch die Gefängnisse des Landes
          geht.
          (Dr. Knabe (GRUNE]: Wiederaufbau der
          Menschenrechte!)
          Herr Außenminister, um recht verstanden zu werden,
          wir begrüßen, daß Sie diese Reise machen. Unsere
          Kriterien für die Bewertung von Erfolg und Mißerfolg
          in der Außenpolitik müssen und werden aber andere
          sein als steigende Zahlen in der Außenhandelsstati-
          st.ik. Unser oberstes Kriterium muß die steigende Zahl
          von Entlassungen aus den Gefängnissen und das
          Ende der Hinrichtungen sein.
          An seine Exzellenz, den Botschafter der Bundes-
          republik Deutschland in Teheran.
          Sehr geehrter Herr Armin Freytag,
          verzweifelt und voller Schmerz über den Verlust
          unserer Liebsten, senden wir, Angehörige der
          kürzli(h hi ngerichteten politischen Gefangenen
          in Iran, Ihnen diese Zeilen.
          Dieser Tage weilt Herr Außenminister Genscher
          in iran •Er wird sicherlich über Vieles mit den
          Verantwortlichen der Isi. Rep. Iran Gesprache
          führen. Welc.he.n Stellenwert dabei die Men-
          schenrechle haben werden, können wir, o.hn-
          macht.i.g und bar jeden politischen Einflusses,
          nicht einschätzen. .. .• - ..
          Wir halben diese Menschen, die stellvertretend
          fur Hunderte stehen, unter unsaglichen Umstä n-
          den verloren. Unsere Fa.millienangehöri 9 en in
          ran erhieften wenn überhaupt, lediglich die
          Nachricht, die letzten Kleidungsstücke der Exe-
          kutierten od. er Gehenkten abholen zu können..
          Sie kennen weder den eit.pu:nkt des o..des noch
          die Steile, wo ihre Kinder beg:.raiben liegen.
          Herr Freytag, bitte informieren Sie Herrn Gen-
          scher darüber, wo der Friedhof von “:Khawaran“
          liegt. Da nämlich werden unsere A:ngeh.rigen in
          Massengräbern verscharrt und irrt eine gespen-
          stische Menge von Müttern und Vätern vergeb-
          hch umher um die Grabstelle zu finden Wie
          groß rkann die V.era,clhit‘ung für [ Menschenleben
          noch sein, daß sie und ihre Angehöriger. über
          den Tod hinaus gequä‘l.t werden. Na h herr-
          .schender Meinung der Regierung dürfen die
          Hingerichteten “Gotteslosen“ nicht einmal ein
          Grab ‘besitzen.
          Für unsere Angehörigen kommt jede Hilfe zu
          spat. Möge dieser Appell aber für andere, die
          vom Tode bedroht sind, eine Hilfe sein. Auch
          wenn dabei nur ein Menschenleben gerettet
          wird, ist es von unschätzbarem Wert.
          Hochachtu ngsvoll,
          Dr Mostafa Danesh
          Farhad Fardjad Azad
          (Aus verständlichen Sicherheitsgründen werden
          die Unterschriften von Angehörigen der noch
          lebenden politischen 1-laftlinge nicht veröf-
          fentl icht)
          Iraner auf der Flucht
          Diesmal haben wir uns zum größten Teil mit der
          Situation im Iran beschäftigt. Angesichts der ver-
          scharften Unterdrückung und Verfolgung dort
          steigt die Zahl derer, die aus Angst um ihr Leben
          versuchen, das Land zu verlassen. Nur einem
          geringen Teil wird es gelingen, seine Hoffnung
          auf ein neues Leben zu realisieren, während die
          meisten - hauptsächlich Jugendliche und junge
          Frauen mit Kleinkindern - in den “Transjtlän-
          dem“ steckenblejben. Die westlichen Länder
          haben dichtgemacht, selbst Bitten auf eine Aus-
          nahme und die Versicherung, der Bundesregie-
          rung keinerlei Kosten zu verursachen, stoßen auf
          taube Ohren. Beispiel dafür mag der junge Iraner
          sein, der nach monatelangem Gefängnisaufent-
          halt in Bangkok auf Kaution des UNHCR frei-
        
          
          liga report
          zu offrien, um aus der politischen und ökonomi-
          s.chen. Isolation herauszukommen. Dieser Um-
          stand gibt der iranischen Opposition, aber auc.h
          den Me.nsche.nrech.tsorga;nisati‘onen und demo.-
          kratischen Parteien die Chance,. sich wirksam für
          die Befreiung, von politischen Gefangenen, ge-
          gen Folter und Hinrichtungen einzusetzen.
          Larnbsdorf (FDP). der damalige Bundeswirt-
          s-ch,aftsr&rt ,ster schüttelt dem Schah ergeben die
          Hand, und erklärt, die. Bundesregierung ei‘ aus
          politischefl und wjjrtschaftl.ichen Gru nder. an
          einer Stabilisierung im Iran interessiert. Oie Bun
          desrepbulik habe weder das Interesse an der Aus-.
          dehnung ultra konservativer oder gar reaktionä
          rer Krafte noch an einer Machterweiterung
          marxistischer und kommunistischer Gruppen.
          Unter Hinweis auf die Krise, der das Land zu jener
          Zeit ausgesetzt war, äußerte er die Ansicht, die
          iranische Regierung sei vollkommen in der Lage,
          diese Schwierigkeiten zu meistern,
          Wahrlich eine Machterweiterung marxistischer
          und kommunistischer Gruppen ist durch Massen-
          hinrichti.. ngen verhindert worden. Bundesauf3en-
          minister Genscher (FDP) zeigt sich erfreut über
          das Lob, das ihm nun von ultra-konservativer
          Seite - hier von Parlamentspräsident Rafsan
          jani = zuteil wird.
          Wieder erschüttert eine Welle von Masse.nhin,-
          r ‘ htunger das Land . Oara,uf angesprochen, weist
          Vi.ze=Auf3enminjster Laridjani alles als Propagan-
          da gegen den Iran zurück. Namen von Hinge-
          richteten, die ihm genannt werden, hört er zum
          erste n Mal - und hier sagt er wahrscheinlich die
          Wahrheit, erfahren doch selbst die Angehörigen
          erst nach der Exekution von den geheimen
          Hinrichtungen.
          Und wieder wird dem Bundesauf3enminjster von
          Teheraner Seite Lob gespendet: Durch das Kul-
          turabkommen dürfen nun ausgesuchte Studen-
          ten und Dozenten in die Bundesrepublik einrei=
          sen, um hier Daten über die Regimegegner zu
          sammeln, während i ranischen Wissenschaft-
          lern/Innen, die sich hier um eine Aufenthalts-
          erlaubnis zu Studienzwecken bemühen, die Aus-
          weisung ins Haus steht - im öffentlichen Interesse
          seI bstverst ndlich
          An Bundesaußenminister
          Hans-Dietrich Genscher
          Bundesaußenministerium
          5300-BONN 1
          Berlin, den 23.1188
          Sehr geehrter Herr Minister Genscher,
          diesen Brief hätten w Ir Ihnen eigentlich zu dem
          Zeitpunkt schreiben sollen, als Sie sich als Bun-
          desaußenminister bei den Politikern in Teheran
          fur die Freilassung von Herrn Co. .rdes - einer der
          Geiseln der Hesbollahs im Libanon bedankt
          5
          Im Zeichen des Chamäleons
          1978
        
          
          12/88 ligareport
          .6
          haben, obwohl :Sie, wie di-e .:W.eltöffentlichkeit
          wußten, daß dite iranische :Regierung bei der
          G is&nah.me: dite HauptröFIe.gespielt hatte. Für
          •afte, diledie, Menschenrethtsd k iaration achten,
          ::.iSt es: schwierig zu: vers when,daß: m.an 1 einerseits
          .Geiselnahmen verurteilt, sich andererseits aber
          vor den GeiseJnehrr rn verbeugt.
          Sie reisen‘ in .ein Land, Herr:.Minister,Lin dem seit
          ‘Gründung der lstaffliscbenr Republik alle gese:lI-
          schaftlichen, politischen und. individu&Ien‘J‘Rech-
          teHaufgehoben sind.
          :Si e reisen ‘in in Land, indem Tausende von
          O.ppositi:onellen‘ nicht nur als! Gefangene, .son-
          dem auch:Ats:Geiseln inhaftiert sind. Wir vetfü-
          gen:üher eine .AnzahLvon Dökurnenten, die:b:e-
          weisen daß noth nicht voH3ährige Jugendliche
          di-el 1981 1 inhaftiert worden waren, vor kurzem
          • id. lt nach.siebenJährenl Haft - aJs“Schuki.ge“
          aüfgrund von Aktivitäten der Oppositionellen
          ‘ adßerhalb der Gefangnis.se hingerithtet.wurden.
          Sie reisen in ein. Land, in dentEbrahi.m T‘Frusesch,
          •e;ner.der Geiselnehmer der, amerikanischen ..Bol-
          schaft ‘in;Tehe.ran, mit ihnen. und Ihrer Delegation
          am Verhandlungstisch sitzen.wird -: diesmal:nicht
          als .Gi.s lnehmer, sondern als ‘Minister für
          Aufbau.
          $ie reisen in ein Land, aus dem Ste nach ‘Ihrer
          Rückkehr vor vier Jahren verkündeten, eine un-
          abhängige Beobachterkommission über die Miß..
          achtung der Menschenrechte einberufen zu wol-
          len - eine Kommission, die im Verlauf dieser vier
          Jahre vielleicht in der Lage gewesen ware, das
          Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen im Iran
          zu mindern. Leider blieb dies eine Absichts-
          erklärung.
          Aus diesem Grunde, Herr Minister, befürchten
          wir, daß auch diesmal über den Waffenstillstand,
          die Verkündung des Wiederaufbaus und die Aus-
          sicht auf i ntensivere Wirtschaftsbeziehungen
          zum lran die Menschenrechte wieder in Verges-
          senheit geraten.
          Deshalb bitten wir Sie;
          1. die Einberufung der unabhängigen Beobach-
          terkommission über die Mißachtung der
          Menschenrechte zu verwirklichen;
          2. in Gesprächen mit der
          mischen Republik auf
          der Gefängnisse durch
          Kom-mission zu bestehen;
          3. ein Ende von Folter und Hinrichtungen im
          Iran zu fordern,
          Hochach tungsvoll
          GASTKOMMENTAR:
          Die Freundst.haftsdje nste
          tragen bI.u‘tiflfrüchte
          Acht Jahre lang ‘haben ‚alle miteinander das
          Krieg ‘feuer ‘geschürt, Saddam auf
          Chom.eini, Chomei‘hi auf .Saddam ! Hossein ...ge-
          hetzt... Drei und fünfzig ‚Länder aus LOst und West
          ‘schtckten Waffen, darunter •.achtundzwanzi.g
          .Hgleichzeitigan.beide Länder. 980 Millia.r:denMa k
          werden die Ausgaben fur Waffen und Rustung in
          diesem Krieg g ‘esch:ä-tzt. ‘JD.er Jrak hat im Durch-
          schnitt jährlich 42 .MIi [ lli.arden,..der..lran doppelt. so
          viel für Kriegsmaterial beiahlt, . da‘.mit beide
          Vol ker L ihre Länder mit modernen Waffen in
          Schutt und Asche Ltegen. Wie viele Schulen,
          ..tJn ‘iversitäten; Kindergärten, . Krankenhäuser, wi.e
          viele ‘Straßen, L Häfen, Fäbr.iken hätte man :mit
          diesen Summen ::bauen, wie •v el‘e Ländereien
          fruchtbar machen .könner1!
          Fast acht. Jahre lang :wurde außerhal.b der, beiden
          • .Lander über diesen Krieg geschwi-egen, kaum
          jemand- redete...von Millionen Toten, 1 Ver‘Jetzten,
          Vert.rebenen, ‘über, zerstörte‘Stadte und Dörfer.
          • Wozu auch?Der‘ Krieg bel bte den Handel, die
          Region entwickelte sich zum besten Verbrau-
          chermarkt für Waffen. Auch der Export von
          zivilen Gütern in den Ländern Iran und Irak
          konnte dank der Zerstörung der einheimischen
          Industrie dieser Länder erheblich gesteigert wer-
          den. So lange also der Krieg sich eingrenzen ließ
          und den Transport von Waren, Waffen und Öl
          nicht beeinträchtigte, so lange schienen allen
          Außenstehenden, von den USA bis zur Sowjet-
          union, von Frankreich bis zur Volksrepublik
          China, von Israel bis Nordkorea, die Folgen des
          Krieges unerheblich.
          Selbstverständlich mischte da die Bundesrepublik
          Deutschland auch tüchtig mit. Offiziell durfte sie
          keine Rüstungsgüter in Kriegsgebiete exportie-
          ren. Dennoch war sie mit umfangreichen Waf-
          fenlieferungen am iranisch-irakischen Krieg be-
          teiligt. Die Gesetze wurden dadurch umgangen,
          daß Waffen und Rüstungsmaterial als zivile Güter
          deklariert wurden, oder sie wurden gemeinsam
          mit ausländischen Unternehmen produziert. Da
          tauchte die Bundesrepublik namentlich nicht auf,
          in den Statistiken wurde sie nicht erwähnt. So
          haben bekannte deutsche Firmen wie Daimler
          Benz, Titan-Käsbohrer, Fritz Werner GmbH, MBB,
          MAN, Leuko Blohm und andere durch die Ent-
          sendung von Kriegsmaterial an beide Gegner
          Milliarden an dem Krieg verdient.
          Nun sind diese Fakten nicht mehr aktuell. An der
          Kriegsfront herrscht Ruhe. Das bedeutet keines-
          wegs, daß die beiden ruinierten Länder Iran und
          lrak aus dem Blickfeld der Unternehmer gerückt
          sind. Das Wirtschaftsinteresse für diese ist mit
          Regierung der Isla-
          einer Untersuchung
          eine internationale
          (M. Rafi - Vorstandsmitglied)
        
          
          9
          12/88 liga report
          gelassen wurde. Sein Onkel schrie .b an das Bun-
          desinnenministerium, schilderte den Fall und bat
          darum, den physisch un.d psychisch Qesdhwläch-
          ten aufnehmen zu wollen. Die ablehnende
          • ntwort erfolgte postwendend:
          DER DLJNDESMIItISTER DES I NNERN
          n.. , ‘l., Uuh.., hM *( !.!O l Ne. .‘.Qø..,, te.zzei
          3 137 IRN Ii :68L.35t g
          tEQflQ530e9c,e,. 1 MJeeiig*Mud. N.
          iterrn
          C ø StralS‘
          d4r 444,s!,.t - U bach
          6. S ptenb ,r 1988
          Betr.: Ei nre i se in die Oursciesrepubi lt GeutschI.ie.nd; Ubernahme
          nach2.2 AusiG:
          itIer: iranischer Staatsa:ngehöri.get Sh..e ‘ PLa....rSl ,
          g eb. 1916?, z. lt. ThaI,land
          Bezug: ihr Scisreiben vom 29. August 1988
          Sehr geehrter ites-r H ,
          die,PriJfung ihres AniEeqn,n. L(ir ihren.o.a. Ve.tter4ie Einreise.
          eriauhrsI s in die ß uzn4msrep jbLlk Dnutschian4 zu erteilen, hat
          erqnb.en, d e l l ich ihrem AriI1eg en.4vrch.dl.e.AbgAb.e eirrer Ober-
          :nahmeuekIJrurtg gern. 6 22 A.uslIG lei:der nicht ent:spr.ettsen kann.
          Mit frpirndiit&en Geti(ieis
          im Auftrag
          ctJ
          Jacobs
          PAKISTAN
          n Pakistan befinden sich zur Zeit zwischen 6 000
          und 10 000 iranische Flüchtlinge, die Mehrzahl
          ohne gültige Papiere und gezwungen, sich vor
          der Polizei zu verstecken. Gezeichnet von Angst,
          Krankheit und Geldmangel leben sie oftmals zu
          zehnt in einem Appartment und stecken sich an
          grassierender Gelbsucht und Malaria an. Seit
          1987 haben sich drei Personen selbst verbrannt,
          um auf ihre hoffnungslose Lage aufmerksam zu
          machen. Zwischen 600 und 700 Iraner sind beim
          UNHCR registriert, die anderen vertrauen lieber
          Schmugglern, die ihnen unter Vorspiegelung von
          Paß- und Visabeschaffung alles Geld aus der
          Tasche locken, um auf nimmer Wiedersehen zu
          verschwinden.
          Am 22. September 1988 wurden die Iraner Usebe
          und Mehardet aus Abadan sowie. Mohammed
          aus Masjed Suleyman von Grenztruppen erschos-
          sen, als sie von Pakistan nach Indien flüchten
          wollten. Ein vierter Iraner namens Ibrahim wurde
          festge:nom!rflen und sagte -aus, ein Pakistani in
          I lahore habe ihnen hohe Summen abgenom-
          men, ..mit dem Versprechen, ihnen in tndien A. yl
          zu verschaffen, .da es dort leichter als inPakistan
          sei.
          TÜRKEI
          ‘In einem «Rundschreiben vom 4. November .1988
          ‘bettätigt amnesty international, daß ständig
          uber Abschiebungen von iranischen Flüchtlin9en
          aus de(Türkei in denIranterichtetwürd e. Dabei
          •hand&e es sich teilweise sogar um Flüchtlinge,
          die .vom UNHcR anerkannt wurden. Anfang
          August hatte die türkische Presse berichtet, 40
          iranische Fi.uchtlinge, die von der Türkei an die
          iranischen Grenztruppen ausg&i.efert worden
          waren, seien im ir:an hingerichtet worden. An-
          fragen von amnesty ilflternatinal an die türkische
          Regierung blieben unbeantwortet. Vor ‘kurzem
          erhielten wir ein Schreiben mit der Namens-
          angabe von neun Iranern, diewahrscheinlich am
          28. Septembervon Van ausFinden ‘Iran deportiert
          •und dort nun im Eefängnis von Choy inhaftiert
          sind. Von Juli bis September hatten sie auf die
          Erlaubn is der Auslanderbehörde in Ahkara
          gewartet, dorthin fahren zu dürfen. Anfragen
          beim UNHCR in Ankara wegen der langen Warte-
          zeit wurden von einem Mitarbeiter mit “verwal-
          tungsbedi ngter Verzögerung“ beruhigt. Den
          “Skandal“ einer Deportation könne sich die
          Türkei nicht noch einmal erlauben, da sie auf
          ihren Ruf in der Weltöffentlichkeit bedacht sei.
          Aber nicht nur türkische Behörden deportieren
          iranische Flüchtlinge. Angehörige der iranischen
          Botschaft in der Türkei haben vor kurzem
          versucht, einen Oppositionellen - gefesselt und
          mit verbundenen Augen in den Kofferraum
          gesperrt - in den Iran zu bringen. Ein türkischer
          Tankwart schöpfte Verdacht und alarmierte die
          Polizei, die die fünf Botschaftsangehörigen zu-
          nächst festnahm. Zwei Diplomaten und zwei
          Mitarbeiter wurden auf freien Fuß gesetzt, einer
          festgenommen.
          Die iranische Opposition wird nicht nur im Inland,
          sondern auch im Ausland verfolgt. Dies ist nicht
          der erste Fall und wird auch nicht der letzte
          bleiben.
          Von einem Schutz vor Verfolgung in der Türkei
          kann jedenfalls keine Rede sein.
          Spendenautruf
          Unser Einsatz für Asyibewerber hier, der auch mit Anwaltskosten verbunden ist, die
          Unterstützung von Flüchtlingen in der Türkei und Pakistan, die Öffentlichkeitsarbeit gegen
          Menschenrechtsverletzungen im Iran zwingen uns, Sie um Spenden zu bitten. Ohne Ihre
          Unterstützung können wir nicht weitermachen. (Wir sind als gemeinnützig anerkannt!)
          Postscheckamt Bin-West Konto-Nr. 749-49-107 (BLZ 100 100 10)
        
          
          liga report
          10
          Politisch gefährlich
          in Teheran bemühte sich AußenmIni-
          ster Genscher um politische Getan-
          gene — die schlimme Wahrheit wurde
          Ihm vorenthatten.
          D ie Anweisung der bärtigen Revoiu-
          tionswächter vom lokalen Volksko-
          mitee an die Angehörigen des Urologen
          Ahrned Danesch war eindeutig: Sie soll-
          ten sich unverzüglich im Evin-Gel ängnis
          melden und dort die persönliche Habe
          ihres Verwandten in Empfang nehmen.
          An. der Kerkerpforte bekam ein Bru-
          der des seit Mai 1983 ohne Gerichtsur-
          teil inhaftierten Arztes ein. Bündel und
          8000 Rial ausgehändigt — gegen Quit-
          tun g und mit dem Verbot, öffentlich zu
          trauern. Seither ist für die in Köln leben-
          dc Familie Danesch zur Gewißheit ge-
          worden, was sie seit Monaten befürchte-
          te: Ahmed Danesch wurde aller Wahr-
          scheinlichkeit nach am 16. November —
          wie Hunderte seiner Mit häftlinge in die-
          sen Monaten — vom Regime der Ajatol-
          iahs liquidiert.
          Den Bonner Vizekanzler Hans-Diet-
          rich Genscher,, der vergangene Woche
          als erster westlicher Außenminister seit
          dem Wäffenstillstand im Golfkrieg den
          Iran besuchte, erreichte die Nachricht
          der Familie Danesch wenige Stunden
          vor seinem Abflug. Wo immer Genscher
          in Teheran Auskunft über das Schicksal
          des Arztes suchte, erhielt er hinhaltende
          Antworten — und das ihm, der sich über
          Monate gerühmt hatte, als einer der we-
          nigen im Westen den Kontakt nach Te-
          heran gehalten zu haben.
          Genschers Arniskollege Ah Akbar
          Welajati, der zur Behebung der Kriegs-
          schäden sein Land nach Westen öffnen
          will, mühte sich verlegen, die Hinrich-
          tung zu bestreiten; auch die anderen Ge-
          sprächspartner — Staatspräsident Ah
          Ch amenei, Premierminister Hussein
          Mussawi und Parlamentspräsident Ha-
          scherni Rafsandsch.ani — blieben wort-
          karg. Welajati gestand immerhin ein, er
          habe selbst Schwierigkeiten, Auskünfte
          über das Schicksal von HMIJingen zu be-
          kommen.
          Hinters Licht. geführt wurden auch die
          Journalisten, die Genscher begleiteten.
          Rafsandscha.ni behauptete, „keine Infor-
          mationen über diesen Fall“ zu ha-
          ben,, Vize-Außenminister Moharnmed
          Dschawad Laridschahi, der mit Gen-
          scher tags. zuvor den Fal!l Danesch erör-
          tert hatte, wich aus: „V ‘ir hören den Na-
          men zum erstenmal..“
          Das ist mit Sicherheit falsch. Mehr als
          100 Bonner Politiker, darunter Bundes-
          kanzler Helmut Kohl, Ex-Kanzler Wi1iy
          Brandt und der frühere Bundestagsprä-
          sident Philipp Jenninger, hatten sich seit
          Monaten bemüht, eine Hinrichtung dies
          5Sjährigen abzuwenden.
          Der Mediziner, der 20 Jahre in der
          Bundesrepublik gelebt und zuletzt als
          Obera 7A am katholischen St. -Vinccnz-
          Hospital in Duisburg gearbeitet haue,
          war im November 1972 in seine Heimat.
          zurOckg ehrt- In Teheran gelang Da-
          nesch 1978 die erste erfölgreiche Nie-
          rentranspiantation im. Iran. Als er vor
          über fünf Jahren von Revolutionswäch-
          tern aus seinem Privathaus verschleppt
          wurde, hielten die neuen Machthaber
          dem Schah-Gegner vor, ein führendes
          Mitglied der kommunistischen Tudeh-
          Partei zu sein.
          „Dies reicht allerdings in der Islami-
          schen Republik nicht aus, verhaftet, ge-
          schweige denn zum Tode verurteilt zu
          werden“, schrieb Irans Bonn-Botschaf-
          ter Mahdi Ahari Mostafawi dem SPD-
          BundestagsabgeOrdneten Gerd Andres
          im Oktober 1988. Diese „Schwerststra-
          fe“ werde nur verhängt, wenn sich der
          Betreffende „des Mordes schuldig ge-
          macht oder einen für die Sicherheit des
          Landes schwerwiegenden Landesverrat
          in Kriegszeiten begangen hat“.
          Dem mehrfach schwer gefolterten Da-
          nesch wurde weder das eine noch das
          andere vorgeworfen, in einem Schrei-
          ben, das er Anfang 1987 aus seiner Zelle
          schmuggeln konnte, berichtete Danesch,
          ein „junger Geistlicher “ habe ihn ge-
          fragt, ob „ich noch meine Überzeugung
          beibehalten habe“. Erst später habe er
          erfahren,, „daß diese Sitzung meine Ge-
          richtsverhandlung war“.
          Wie Danesch, der im Gefängnis seine
          mißhandelten Mithäftlinge medizinisch
          versorgte, sind Hunderte Iraner in den
          letzten Monaten zum Tode verurteilt
          worden. Seit der Iran und der Irak sich
          am 7. August auf einen Waffenstillstand
          geeinigt haben, rollt im Qhom.eini-Staat,
          mit dem Bonn vergangene Woche ein
          Kulturabkommen absch.loß, eine neue
          Hinrichtungswei le.
          Reisende aus dem Westen wie Bonns
          Genscher und die mit ihm eingefioge-
          nen Manager westdeutscher Firmen
          werden von Rafsandschani freundlich
          empfangen; der Parlame n‘tspräsident
          feiert den „neuen Beginn“, läßt sich
          aber weder feste Zusagen über neue
          Millionengeschäfte mit dem Ajatollah-
          Regime abringen, noch gibt er Auf-
          schlüsse über die zum Teil seit Jahren
          im Libanon festgehaltenen westlichen
          Geiseln.
          Den geplanten Besuch auf dem Mär-
          tyrer-Friedhof Behescht-e Sahra, wo der
          Blutbrunnen mit rot eingefärbtem Was-
          ser eine Stunde vor Kranzniederlegun-
          gen angestellt wird, ließ der verärgerte
          deutsche Außenminister in letzter Mi-
          nute absagen. Er gab statt dessen dem
          iranischen Fernsehen ein Interview. •
          DER SP EGE . , Nr 49/1988
          12/88
          w
          In eigener Sache
          Die Dokumentation über Menschenrechtsverletzungen im Iran ist erschienen. Auf fast 300
          Seiten dokumentiert sie folgende sechs Kapitel von 1979 bis Mai 1988:
          lranisches Recht - und Rechtssystem,
          Politische Verfolgung in der Islamischen Republik Iran,
          Ethnische und religiöse Minderheiten,
          Frauen in der Islamischen Republik,
          Kinder und Jugendliche,
          Verstöße gegen die Moralvorschriften.
          Das Buch ist bei uns zu folgenden Preisen zu erwerben:
          1 Exemplar 40,- DM
          ab 5 Exemplare 35,- DM
          ab 10 Exemplare 30,- DM
        

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