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Iranians threaten with the kidnapping of diplomats

          
          Mittwoch, 20. November 1996
          Iraner drohen
          mit Geisel nahme
          von Diplomaten
          AFF Teheran - Mehrere hundert.
          Hisbollah -Anhänger haben gestern
          hei einer neuen Protestkundge-
          bung vor der deutschen Botschaft .
          in Teheran damit gedroht, Diplo-:
          maten als Geiseln zu nehmen. Die
          Anhänger der iranischen Hisbol-
          lah-Bewegung forderten den Ab-
          bruch der diplomatischen Bezie-
          hungen zu Deutschland und eine,:
          „schriftliche Entschuldigung“ für‘
          die Vorwürfe der Bundesanwalt-
          schaft g egen die iranische Führung.
          im Zusammenhang mit dem Myko-
          nos-Prozeß. Andernfalls würden
          sie die Botschaft in ein „zweites.
          Spionagenest“ verwandeln, droh-:
          ten die Demonstranten. Damit:
          nahmen sie direkt auf die Geisel-
          nahme von 50 US-Bürgern im Jahr
          1979 Bezug, die 444 Tage lang fest-,
          gehalten wurden. Ein großes Poli-‘
          zeiaufgebot schützte die deutsche,
          Botschaft gestern vor direkten An :
          griffen.
          Bundesaußenminister Klaus:
          Kinkel (FDP) bekräftigte, die Bun-:
          desregierung habe angesichts der,
          neuen anti-deutschen Proteste in,
          Teheran „Vorsorgemaßnahmen“
          zum Schutz der Bundesbürger in:
          Iran getroffen. Einzelheiten nannte.
          der Minister nicht. Ein Sprecher‘
          Kinkels sagte, Bonn sei „für alle
          Eventualitäten gewappnet“. An ei-
          ne Reduzierung des Botschaftsper-‘
          sonäls oder eine Warnung vor Rei-
          sen nach Iran werde derzeit aber
          nicht gedacht. Ebensowenig werde
          es eine Aufforderung an Bundes-
          bürger in Iran geben, das Land zu
          verlassen. In Iran leben nach Bon-
          ner Angaben 400 Deutsche, hinzu
          kommen 38 Diplomaten und ihre
          Familien.
          Die iranische Presse schlug un-
          terdessen deutlich mäßigende Töne
          an, während sie in den Tagen zuvor
          massive Kritik an Deutschland ge-
          übt hatte. Die Ta 0 eszeitung Tehe-
          ran Times“ wies in einem Leitarti-
          kel darauf hin, daß eine Normali-
          sierung zwischen Bonn und Tehe-
          ran „nicht unmöglich“ sei.
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          Europ ern 1 allen voran den Deut-
          schen in dieser Enge angelegt. Jenen
          Firmen, die mit Großinvestitionen in
          Iran die US-lsolationspoiitik unterlaufen
          wollten drohten die Amerikaner sogar
          mit Sanktionen.
          Nun aber wächst im US-Außenmini‘--
          steriuin sowie im Senat die Erkenntnis,
          daß Washington mit seinem Starrsinn
          vor allem ein Land isoliert hat — die
          USA selbst. Bei einem Treffen im
          Weißen Haus hatten einflußreiche Se-
          natoren bereits im Spätsommer beklagt,
          daß Amerika einen der wichtigsten
          Märkte des Nahen Ostens vom heiini-
          sehen Markt abkoppele. Nutznießer
          seien die europäische und japanische
          Konkurrenz.
          Europäische Diplomaten beobachten
          denn auch einen Kurawechsel in der
          amerikanischen‘ Hauptstadt. Demnach
          gab es bereits Geheimkontakte zwischen
          den Regierungen in Washington und
          Teheran. Über die Schweizer Vertretung
          in Iran seien bereits (Botschaften aus-
          getauscht worden.
          Die amerikanisch-iranische Entspan-
          nung k6nntc für Bonn allerdings zu
          spät kommen. Wenn das Berliner‘ Ge-
          richt den Argumenten der Staatsanwälte
          folgt und die iranischen Mullahs fl ur
          die „Mykonos“-Morde verantwortlich
          macht, dürften Kohl und Kinkel ‘den
          „kritischen ]Dialog“ kaum fortsetzen
          können. Schniiidbauer rechnet schon
          jetzt damit, daß „wir auch im humani-
          tären Bereich Probleme kriegen“.
          Noch im Juli hatte der Staatsminister
          in israel viel Lob und Dank geerntet, weil
          er den Austausch von Gefangenen und
          Gefallenen zwischen Israel und der Hisb
          Allah vermitteln konnte.
          Dabei waren Schmidbauer jene Kon-
          takte zustatten. gekommen, die der Bun-
          desnacttchtendienst über einen Verbin-
          dungsmann — Deckname Gradl — mit der
          Hisb Allah und dem Dschihad im Liba-
          non pflegt.
          Seit Jahren arbeitet Schrnidbauer an
          einem noch größeren Coup: Er will das
          Schicksal des vor zehn Jahren über
          dem Libanon abgeschossenen und dann
          verschleppten israelischen Luftwafl‘en-
          otTiziers Ron Arad aufklären. Der Fall,
          Ar.ad stört den Friedensprozeß in Nah-
          ost empfindlich.
          Bei einem Besuch im Libanon t ut
          Schmidbauer Ende Oktober sogar mit
          dem Hisb-Allah-Führer Hassan Nasral-
          inh zusammen, in dieser Woche will er
          erneut nach ]Beirut reisen.
          Immer wieder hat der Bonner Kanz-
          lervertraute der israelischen Regierung
          Hoffnung gemacht 1 Arnd sei noch am
          Leben. Während im Auswärtigen Amt
          versichert wird, bislang gebe es nicht
          ein, einziges Lebenszeichen des Piloten ,
          träumt Schmidba,uer von einem Tri-
          umph: Bis zum Weihnachtsfest will er
          den Fall Arad kläret
          32 DER SPIEGEL 47/1908
          2 DIE WELT - —
          AÄ000254
        

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