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The G 7 and Florian sink

          
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          LEVEL 1 - 1 OF 45 STORIES
          Copyright 1996 Sueddeutscher Verlag GmbH
          Sueddeutsche Zeitung
          June 29, 1996
          SECTION: SEITE 4 / MEINUNGSSEITE AA000572
          LENGTH: 1240 words
          HEADLINE: Die Grossen Sieben und Sankt Florian
          BYLINE: VON JOSEF JOFFE
          BODY:
          Beeindruckend, ja beispiellos sind die Bekenntnisse, welche die Grossen
          Sieben auf dem Gipfel zu Lyon abgelegt haben, den Bill Clinton kurzerhand zum
          Anti -Terror-Treff umfunktioniert hat. Wir bekraeftigen unsere absolute
          Verurteilung des Terrorismus in all seinen Formen, unabhaengig von seinen
          Taetern und Motiven. Es duerfe keine Entschuldigungen und Ausnahmen geben, we
          9F
          e darum geht, die Taeter vor Gericht zu bringen.
          Die Sprache war selten so scharf in den vergangenen dreissig Jahren, in
          jener Zeit, als der Terror zur wohlfeilen Waffe Euer alle wurde, die waehnten
          dass ihr heiliges Ziel jedes unheilige Mittel rechtfertige. Im Westen bestimm
          ten
          zwei Reflexe das Denken: ein pseudo-philosophischer und ein hoechst praktisch
          er.
          Der eine lautete: Dein Terrorist ist mein Freiheitskaempfer. Also: Da das Zi
          ei
          ein hehres und der Taeter von angeblich lauterem Motiv war, durfte man die
          Gemeinheit der Methoden entschuldigen. Richtig ist es genau umgekehrt: Wer
          Unbeteiligte mit Bomben in Kaufhaeusern, Flughaefen oder Bussen zerfetzt, hat
          vorweg nur ein einziges Ziel: eben Terror und Angst zu verbreiten. Im Namen d
          er
          Freiheit vernichtet er die Freiheit und das Leben von Unschuldigen - das ist
          das
          des Terrors.
          Fromme Selbsttaeuschung Eine Variation dieses Reflexes lautet: Der Terror
          ist
          von heute ist der Staatsmann VOfl morgen. Diese Wandlung tritt manchmal
          tatsaechlich ein - siehe zuletzt Jassir Arafat, den Chef -Terroristen der 70er
          Jahre, der den Israelis in den Neunzigern die Hand zum Frieden reichte. Nur:
          Die
          Einsicht war kein Zufall, sondern entwuchs dem unbarmherzigen Widerstand der
          Israelis, die keiner Erpressung nachgaben und zum Beispiel die Beteiligten am
          Muenchner Olympia-Massaker von 1972 ein Vierteljahrhundert lang jagten, bis
          keiner mehr am Leben war.
          Der Terror sei der Aufschrei der Entrechteten, lautet eine weitere
          Variation. Darin verbirgt sich die Empfehlung zum Kompromiss, aber leider au
          ch
          eine fromme SelbsttaeuschUng. Die IRA-Bombardiere von Manchester, die
          Hamas-Moerder von Jerusalem und Tel Aviv haben die Massaker gerade wegen der
          neuen KompromissbereitSchaft der Englaender und Israelis gegenueber IRA und P
          LO
          inszeniert. Das heisst: Kompromiss erzeugt neuen Terror. Der Kern des
          terroristischen Motivs ist der Absolutismus, dem mit Appeasement nicht
          beizukommen ist. Diese bittere Erkenntnis faellt dem westlichen liberalen Den
          ken
          so schwer, weil die Idee des EntgegenkommenS nachgerade in unsere Hirne
          d
        
          
          p,rogrammiert ist.
          Hinzu kam freilich noch der zweite, der praktisch-politische Reflex, das
          St.
          -Florians-Syndrom. Terroropf er, das waren immer nur die anderen: mal Israel,
          n
        

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