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They take away our best people

          
          Seite 34 DIE WELT
          Samstag, 19. Dezember 1998
          „Sie nehmen uns
          die besten Leute“
          Iranische Protestdemo vor SPD-Landesverband
          VoN JAX0B MENGE
          Es ist nur eine Woche her. Da wußte
          Jalal Sarfaras, daß er wieder einen
          guten Freund weniger hatte. Brutal
          erwürgt wurde Mohammad
          Makhtari im Tehe-
          raner Leichenschau-
          haus von seinem
          Sohn entdeckt. Es
          war der fünfte tote
          Oppositionelle inner-
          halb weniger Wo-
          chen. Eine Welle des
          Terrors gegen
          Schriftsteller durch-
          zieht derzeit den Iran.
          „Sie nehmen uns un-
          seit besten Leute,“
          klagt Sarfaras.
          Sie — das sind die
          Ultra-Orthodoxen
          um das geistige ton Freund
          Oberhaupt Khame-
          nei. Für die rund hundert Exil-Ira-
          ner, die am Freitag mittag vor dem
          SPD-Landesverband in Wedding
          demonstrieren, stecken sie hinter
          den Mordanschlägen. Vor zwei Jah-
          ren war Mokhtari zu Besuch in
          Sarfaras Berliner Wohnung. „Er
          war unser größter Philosoph‘, er-
          innert sich der 5öjährige Lyriker
          Seine anderen Schriftsteller-
          Freunde im Iran lebten jetzt in
          ständiger Angst um ihr Leben. Der
          Schriftstellerverband tage jede
          Woche heimlich an einem anderen
          Ort, so sein Berliner Vertreter Sar-
          faras. viele trauten sich schon
          nicht mehr aus dem Haüs.
          Die Handvoll Iraner im Wedding
          wissen wohl, daß es ein etwas ver-
          zweifelter versuch ist, hier in Berlin
          die iranischen Verhältnisse zu ver-
          ändern. „Aber was sollen wir sonst
          machen“, so Sarfaras. Rund 30 Dis-
          sidenten jeder Couleur vom Schah-
          Anhänger bis zum Kommunisten,
          haben sich zu einem „Komitee zur
          Verteidigung der Schriftsteller und
          Dissidenten im Iran“ zusammenge-
          schlossen. Sie haben
          eine Resolution ge-
          schrieben, die sie in
          den Bundestag brin-
          gen wollen. Sie erhof-
          fen sich außenpoliti-
          schen Druck auf den
          Iran und wollen daß
          die Europäische
          Union eine Delega-
          tion in das Land
          schickt, um die Morde
          zu untersuchen.
          Der SPD-Landes-
          geschäftsführer Nor-
          bert Meisner redet
          mit sechs von ihnen
          eine knappe Stunde
          und beruhigt sie. „Wir werden ver-
          suchen, eine ähnliche Resolution
          im Bundestag durchzusetzen“, ver-
          spricht Meisner. Der ehemalige
          Berliner Juso-Vize erinnert sich an
          seine letzte Demo, die er organi-
          siert hat — vor zwanzig Jahren
          gegen den persischen Schah. Der
          wurde damals von den Religiösen
          zwar gestürzt, doch „besser ist es
          im Iran auch nicht geworden“, sagt
          Meisner. Die Exil-Iraner bitten ihn,
          die Schriftsteller zu beschützen.
          „Doch wie kann ich sie schützen“,
          fragt Meisner. Danach ziehen die
          iranischen intellektuellen weiter,
          zum Wittenbergplatz. Flugblätter
          verteilen. Jalal Sarfaras wird dann
          bei seinen Kollegen im Iran anru-
          fen und ihnen sagen, daß sie in Ber-
          lin alles Mögliche für sie getan
          haben. „Das muntert sie auf.“
          Der Inner Sarfaras trauert
          um sek ten gerade ermorde-
          AA000225
        

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