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Weakness makes them strong

          
          T ITEL
          Rätsel um Kaspar Hauser gelöst .254
          DNS-Analysc unterstützt Rechtsmedizin
          und Wissenschaft 260
          DEUTSCHLAND
          Panorama 16
          Außenpolftlt Das Scheitern des
          „kritischen Dialogs“ mit Iran 22
          Affären: Superagent Mauss am Ende 26
          Gutachten: Lukrative Nebengeschäfte
          der Richter 34
          Grüne: Basis gegen Parteispitze 36
          Zweifel am Partner SPD 41
          Renten: SP IEGEL-Gespr äch mit
          Bundesarbeitsminister Norbert Blüm
          über den Umbau des Sozialstaats 47
          NordrheIn-Westfalen: SPD-Widerstand
          gegen Rau 54
          . Hans-Joachim Noack über Raus Ziehsöhne
          Clement und Matthiesen 56
          Bundeswehr: Schwere Ausbildungsmängel
          bei den Offizieren des Heeres 62
          Justiz: Meineid-Anklage gegen Hans Modrow 70
          kurden: SPIEGEL-Gespräch mit Abdullah Öcalan
          über die Deutschen und die PKK 72
          Umwelt: Das Mühlsammelsystem Sero
          hat die DDR überlebt 85
          Familie: Kommt die Sonderabgabe
          für Kinderlose‘ 88
          Energie: Bauern setzen auf Biomasse-Kraftwerke..92
          Ostdeutschland: Der Versuch, die alte Ciloric
          Dresdens wiederzubeleben 96
          W 1 R T 5 C H A F T
          Trends 113
          Konzerne: Machtkampf bei Mannesmann 114
          TelekommunIkat ion: Wie weiter
          mitderT-Aktie ‘ 117
          Streit um die Telekom-Werbung 119
          Geld: Bundesbank gegen Aktiensteuer 120
          • Gesundheltapolltllc Seehofers
          blockiert 121
          Bremer Vulkan: Ex-Finanzchef
          Timmermann packt aus 126
          Medien 128
          Aufbau Ost Die ostdeutschen Millionäre
          sind ideenieicli — und bescheiden 129
          Muslkmarkt: Schmu mit den Hit-Charts 149
          GESEL SCHAFT
          Sekten: Henryk M. Broder über die
          bizarren Umtriebe der amerikanischen
          „Church ofEuthanasia“ 150
          ManIeren: Benimmbuch-Autor C. Bernd Sucher
          und das Pop-Trio „Tic Tac Tor streiten über
          Höflichkeit 156
          AUSLAND
          Afdka: SPIEGEL-Gespräch mit Ugandas
          Präsident Voweri Museveni über westliche Hilfe,
          Stammesdenken und den Krieg in Zaire 158
          Rumänien: Constantinescus schwierige
          • Reformen 162
          Belgien: Hexenjagd und Staatskrise 164
          Panorama Ausland 166
          iNHALT
          SeIte 22
          Mit Massendemonstra-
          tionen setzen iranische
          Mullahs die deutsche
          Justiz unter Druck: Die
          Anidäger im Berliner
          Mykonos-Prozeß sollen
          den Vorwurf des Staats-
          terrorismus gegen Iran
          fallenlassen. Staatsan-
          wälte und Richter wer-
          den mit dem Tode be-
          droht. Doch das Bonner
          Kabinett will die Be-
          ziehungen zu Teheran
          nicht preisgeben.
          Alle gegen Seehofer SeIte 121
          Ärzic-Demos von Erlbrt bis München, Proteste von Krankengymnasten
          oder Logopäden: Horst Seehofer ist der Buhmann des Gesundheits-
          betriebs geworden. Er muß Kompromisse mit der FDP schließen, die das
          Solidarsystem für überholt hält — und untergräbt seine Reformen.
          Rau bald weg? SeIte 54
          Nordrhein-Westfalens Ministerpräsi-
          dent Johannes Rau wird von den
          eigenen Leuten gedrängt, sein Amt ab-
          zugeben. Die SPD-Genossen fürchten,
          das verzwickte Vater-Söhne-Verhältnis
          des Landesvaters zum designierten
          Nachfolger Wolfgang Clement und zu
          Fraktionschef Klaus Matthiesen beschä-
          dige Clement; auch Parteichef Oskar
          Lafontaine drängt auf eine schnelle Le-
          sung. Matthiesen ist dafür sogar bereit,
          einen Bruch der rot-grünen Koalition
          hinzunehmen: „Wir können auch als
          Minderheit gut regieren.“
          Handys statt Röhren
          Bei Mannesmann wird über die künftige Strategie gestritten. Nur der Mo-
          bilfbnk sorgt derzeit für kräftige Gewinne, die traditionelle Röhrenproduk-
          tion beschert rote Zahlen. Das Cierangel um die Nachfolge des Konzern-
          chefs Funk hat begonnen. Erster Bewerber: Mobilfunk-ChefMihatsch.
          Todesdrohungen aus Iran
          Antideutsche Demonstration in Teheran
          SeIte 114
          Mannr m(r1n-t-1o
          produkt ion
          4 DER SPIEGEL 48/1996
          2L AA
          AA000249
        
          
          „Nieder mit dem faschistischen Regime
          „Schwäche macht sie hart“
          Berliner Richter und Staatsanwälte müssen um ihr Leben fürchten: Mit Demonstrationen und Drohungen wollen
          iranische Mullahs die deutsche Justiz einschüchtern. Bis zum UrteIl im Mykonos-Proze ß wird der politische Druck
          aus Teheran noch zunehmen — Außenminister kinkeis krltischer DIaio( mit Iran Ist vorerst gescheitert.
          D es Kanzlers Mann fürs Grobe ist
          mit den Wirren und ideologischen
          Fehden im Muliah-Regime Trans
          so vertraut wie kein anderer im Bonner
          Kabinett.
          Seit vier Jahren pflegt Geheimdienst-
          koordinator Bernd Schmidbauer, 57, eine
          besondere Nähe zu den Mächtigen in Te-
          heran. Seine Kontakte waren politisch
          stets umstritten, sie sorgten indes für die
          Freilassung mehrerer Geiseln.
          Anfang voriger Woche kapitulierte der
          Kanzleramtsminister jedoch und sagte
          S eine geplante Reise nach Beirut ab —
          tatsächlich wollte ihn dort niemand mehr
          empfangen. „Wir sehen keinen Anlaß,
          ihn einzuladen“, erklärte ein Sprecher der
          fundamentalistischen l-lisb-Allah in der
          libanesischen Hauptstadt.
          Bonns Geheimdiplomatie ist derzeit
          stillgelegt. In Iran findet ein beispielloser
          Pmpaganda-Feldzug statt. Mit ungeheu-
          erlichen Drohungen versuchen iranische
          Mullahs, die Richter und Staatsanwälte
          des Berliner Mykonos-Prozesses unter
          Druck zu setzen — und die Bundesregie-
          rung gleich noch dazu.
          Die Massendemonstrationen in der
          heiligen Stadt Ghom und in Teheran löste
          — unfreiwillig — der Vertreter der Bundes-
          anwaltschaft, Bruno Jost, aus. Der hatte
          Ani 17. November, mit einem Bild des Revolu-
          tionswächters Chamenei.
          am vorvergangenen Freitag die iranische
          Staatsfiihrung offen des Staatsterroris-
          mus bezichtigt: Vier kurdisch-iranische
          Oppositionelle waren 1992 in dem Berli-
          ner Lokal Mykonos regelrecht hingerich-
          tet worden. Den Mordbefehi, so trug Jost
          dem Berliner Kammergericht vor, habe
          der religiöse Führer Trans, Ah Chamenei,
          1991 persönlich erlassen. Und Geheim-
          dienstminister Ah Fahlahian, der Ge-
          sprächspartner Schmidbauers, sei mit der
          Umsetzung betraut worden.
          Nie zuvor saß ein fremder Staat so
          sichtbar auf der Anklagebank eines deut-
          schen Gerichts, niemals vorher ist die
          deutsche Justiz aber auch solchen Pres-
          sionen ausgesetzt worden.
          .
          Außenpolitik
          22 DER SPIEGEL 48/1996
        
          
          Organisiert von religiösen Fanalikern
          waren nach dem Plädoyer der Staatsan-
          wälte immer wieder Massen von Demon-
          stranten vor der deutschen Botschaft in
          Teheran aufmarschiert. Sie bewarfen das
          Gebäude mit Eiern und versuchten, die
          deutsche Flagge zu zerreißen. „Nieder
          mit dem deutschen faschistischen Re-
          gime“, skandierten Tausende.
          Die Bundesanwaitschaft habe mit ihren
          Vorwürfen gegen den religiösen FÜhLer
          Cham‘enei »eine Kampfansage an den
          Glauben unseres Volke ? erteilt. treiferte
          sich ein iranischer Regierungsvertreter
          und verlangte von Bonn eine förmliche
          Entschuldigung flur diese „Biaspheuiit.
          Aus Ohom drohten Mullabs und i(o-
          raristudenten den Staatsanwäten offen
          mit Errnordurg. Die „dreckigen faschi-
          stischen Ankläger sollten 1 falls sie sich
          nicht entschuldigten, ebenso verurteilt
          werden wie seiner2eit der Schriftsteller
          Salman Rushdie, über den Ajatollah Cho-
          meini 1989 per Fatwa das Todesurteil
          verhängt hatte.
          Müssen Jost und seine Kollegen, die
          am vorigen Freitag berits unter dem
          Schutz von Bodyguarc ls in den Gerichts-
          saal geflihrt wurden, also zeitlebens mit
          einem Mordanschlag rechnen?
          DEUTSCHLAND
          Das Urteil wird für die Jahreswende
          erwartet, und die religiösen Eiferer wer-
          den bis dahin keine Ruhe mehr gehen,
          sondern das Gericht mit Demonstratio-
          nen unter Druck zu setzen suchen.
          Schließlich könnten sie — wenn sich die
          Hardliner durchsetzen — eine ähnliche
          Hysterie entfachen wie 1979, als Demon-
          stranten die amerikanische Botschaft in
          Teheran besetzten und alle Mitarbeiter
          monatelang in Geiselhaft nahmen.
          Noch wurde vor der deutschen Bot-
          schaft nur demonstriert.. Aber der „kriti-
          sche Dialog“, mit dem Klaus Kinkel Iran
          besänftigen wollte, scheint so absurd ge-
          ;vonien zu sein, daß der Außenminister
          selbst eine neue Sprachregelung erließ.
          Nun soll nur noch von „aktiver Einwir-
          kar.g‘ die Rede sein. Doch wenn hier je-
          mand .iu f irgendwen einwirkt, dann ist es
          lraz mit seinen massiven Angriffen auf
          das bundesdeutsche Rechtssystem.
          ‚.Empört v‘ rwahrte sich denn auch
          iustizministei Edzard Schmidt-iortzig
          (FDl‘) cgtn die Drohungen aus Teheran.
          Es gebe „keinen Grund, sich zu entsctiul-
          d gen.. .Die Dundc:uinwähe haben nur ihre
          Pflicht getan.
          Immer wa 1er hatte hans Geri im-
          diensichef cllehian im Kanzlerumt in-
          terveniert, um den Proiel3 zu blockieren.
          Botschafter Seyed Hossein Mousavian
          wurde bei zahlreiclwi Pa‘lanwntariern in
          Bonn vorstellig. Ikdi Scnnidt-Jortzigs
          Vorgängerin Sabinc Leutheu.sser-Schnar-
          renberger •drängw die Bundesanwalt-
          schaft nur, die Verwietlung der irani-
          sehen Regierung in ihren öffentlichen Er-
          klärungen nicht g200 herauszustellen.
          Anfang Oktober war vor dem Berliner
          Kammergericht ein geheimnisvol ler Zeu-
          ge vernommen worden. Aus Furcht vor
          Blnt ache des Teheraner Regänes wurde
          allen P oi“t.B-Beteiligten ein Schweigege-
          bot über die Identit ät des Enddreißigers
          auferk .
          Präzise und sachlich berichtete der
          .2euge C“ den Berliner Richtern von
          schier Karriere als Mitarbeiter des irani-
          selten Geheimdienstes. Auftraggeber di-
          verser Attentate, so der „Zeuge C“, sei
          dc! oberste religiöse Führer des Landes,
          Ah Charnenei. Auch die ‚M konos-Mor-
          de seien von der Staatsspitze in Teheran
          befohlen und geplant worden.
          Oberstaatsanwalt Jost stützte sich in
          seinem Plädoyer nachdrücklich auf diese
          Aussagen. Im Prozeß sei es gelungen,
          „die Tür zur Zentrale des iranischen
          Staatsterrorismus ein wenig zu öffnen,
          einen Blick auf die Tötungsrnaschine zu
          werfen und auf die, die sie bedienen“.
          Teheran hat im Gegenzug ein 3Oseiti-
          ges Dossier an seine Bonner Vertretung
          geschickt. Das soll nun belegen, daß
          Karlsruhe mit „C‘ einem Schwindler und
          Scheckbetrüger aufgesessen ist.
          Der Mann sei, so das Papier, keines-
          wegs ein ehemaliger Mitarbeiter des a-
          r lttck
          ‘ lot
          Außenminister WeIsjatl, RISS (±994)
          ‚Mit dem kann ich gut T M
          1 •
          ‘3
          Donnerstag vergangener Woche beim Myko-
          nos-Proze ß im KriminaIge iCht Berlin-Moabit.
          Berliner RIchter (1) mft Sodyguards t : Zeitlebens bedroht?
          DER SPIEGEL 4 5/1996 23
        
          
          DEUTSCHLAND
          nischen Geheimdienstes: Er habe sich
          vielmehr Anfang der achtziger Jahre „auf
          Anweisung eines Nachrichtendienstes“
          in die iranische Botschaft in Paris als
          Hilfskraft einschleusen lassen. Seine Ver-
          suche, als Beamter in das iranische
          Außenamt oder das Inf‘ormationsministe-
          rium einzutreten, seien jedoch geschei-
          tert.
          Die letzten Jahre, so das Botschafts-
          Dossier, habe sich „Zeuge C“ als betrü-
          genscher, mehrfach vorbestraften Ge-
          schäftsmann in Iran durchgeschlagen, bis
          er vor seinen Gläubigem
          ins Ausland floh — und sei-
          ne Frau mit vier Kindern
          samt Schulden zurückließ.
          Bevor der Zeuge in Berlin
          auftauchte, sei er Infor-
          mant westlicher Geheim-
          • dienste gewesen.
          Ist das Dossier nur ein
          neuer Propaganda-Trick?
          Es gebe nicht den „gering-
          sten Zweifel“. erklärt
          Oberstaatsanwalt Jost, daß
          der Mykonos-Anschlag
          von der iranischen Regie-
          rung „beschlossen, ge-
          plant und vorbereitet“
          worden sei.
          Die Vorwürfe der
          Staatsanwälte gegen die
          iranischen Staats- und Re- ______
          ligionsifihrer seien „grund-
          los“, behauptet hingegen
          Botschafter Mousavian. „Wenn wir jetzt
          die Hintergründe der Zeugen beleuch-
          ten“. warnt der Diplomat. werde dies
          „katastrophale Folgen“ für die deutsche
          Justiz haben.
          Die Repräsentanten des Mullah-Re-
          gimes spielen ihr Spiel mit verteilten
          • Rollen. Während aufgeputschte lslami-
          sten in den Teheraner Straßen toben und
          Diplomaten mit PR-Dossiers wedeln.
          sucht die Staatsspitze zu beruhigen, aber
          auch einen Keil zwischen deutsche Poli-
          tik und Justiz zu treiben.
          Demonstrativ lobte Staatschef Ah AIc-
          bar l-laschemi Rafsandschani beim Frei-
          tagsgebet letzte Woche die „freund-
          schaftlichen Beziehungen“ zu Deutsch-
          land. Noch gebe esja keine Beweise, daß
          Bonn die Meinung der Staatsanwälte im
          Mykonos-Prozeß teile.
          Auch gebe es keine Fatwa gegen die
          Vertreter der Bundesanwaltschaft,ja nicht
          mal „die Absicht, eine Fatwa zu erstellen“.
          Andererseits nahm Religionsfiihrer
          Charnenei Mitte der Woche an der Sit-
          zung einer religiösen Sonderkommission
          teil, deren Mitglieder die Bildung von Ko-
          mitees zur „Bestrafung der Gottesfeinde
          in Deutschland“ vorgeschlagen hatten.
          Tatsächlich schwelt in Iran ein Streit
          um die Führung, der sich bis zu den Prä-
          sidentschat t tswahlen im Sommer näch-
          sten Jahres noch verschärfen dürfte.
          Staatspräsident Rafsandschani versucht,
          seinen vorsichtigen Öffnungskurs zum
          Westen zu retten. Aber radikalisierte
          Mullahs drängen an die Macht.
          17 Jahre nach der islamischen Revolu-
          tion greifen die Religionsgelehrten mit
          immer härteren Mitteln durch. Im Namen
          Allahs wird die — schwache — innerirani-
          sche Opposition observiert, verfolgt, ver-
          prügelt und verhaftet.
          Der wohl bedeutendste Kritiker der
          Mullabs, Manucher Ganji, warnt die
          Bonner Regierung jedoch vor einem zu
          defensiven Kurs: iran sei zwar ökono-
          misch angeschlagen und
          auf deutsche Hilfe ange-
          wiesen, so der im Exil
          lebende Präsident der Op-
          positionsgruppe „Fahne
          der Freiheit“. Doch das
          Regime würde nur auf
          Gegendruck reagieren:
          „Wenn sie eine starke
          1-land sehen, geben sie auf.
          Wenn sie Schwäche
          spüren, werden sie hart.“
          Noch Anfang dieses
          Monats hatte Kinkel sei-
          nen Staatssekretär Peter
          Hartmann nach Teheran
          geschickt, um mit den Ins-
          nett „bilateral einen neu-
          en Anlauf“ zu wagen. Obwohl auch der
          Chef des Teheraner Außenministeriums,
          Ah Akbar Welajati, in die Mykonos-Mor-
          de verstrickt sein soll, wollte Kinkel den
          Kontakt zu seinem Amtskollegen (,Mit
          dem kann ich gut“) wieder festigen.
          Auch nach den Aufwallungen der ver-
          gangenen Woche mag ICinkel an dieser
          Diplomatie nicht rühren. Befriedigt refe-
          rierte er am Donnerstag im Kabinett, daß
          bisher „keiner den Abbruch der Bezie-
          hungen gefordert“ habe.
          Neben den politischen Zwängen und
          den Handelsbeziehungen, erklärte der
          Außenminister, müsse die Bundesrepu-
          blik auch ihn finanzielles Interesse an
          gegen den
          nur „um
          Aufklärung “
          guten Kontakten beachten: Mit rund 15
          Milliarden Mark sei das Mullah-Regime
          in Deutschland verschuldet, rund 1,2
          Milliarden Mark flössen jährlich zurück
          in deutsche Kassen.
          Auch Helmut Kohl sah die Notwendig-
          keit, „der Vernunft eine Bresche zu schla-
          gen“. In einem Brief an Präsident Raf-
          sandschani rief der Kanzler dazu auf, es
          nicht zu weiteren Zuspitzungen kommen
          zu lassen.
          Zwar pochte Kohl in seinem Schrei-
          ben darauf, die deutschen Gerichte seien
          im Kampf
          Terrorismus
          rückhaltlose
          bemüht.
          Aber dann lieferte er
          jene Entschuldigung, die
          die Eiferer in Teheran for-
          derten und die Gemäßig-
          ten in Teheran zum Ab-
          wiegeln der Krise brauch-
          ten: „Sowohl der Bundes-
          regierung als auch der
          deutschen Justiz“ liege es
          völlig fern, „die religiösen
          Gefühle Ihres Volkes und
          seiner geistigen Führung
          zu verletzen“.
          Triumphierend berich-
          tete Rafsandschani beim
          Freitagsgebet vom Brief
          _______ - des Kanzlers.
          Fraglich ist nur, ob
          die Regenten in Teheran
          die Extremisten stoppen
          können, die Machtver-
          hältnisse sind undurch-
          sichtig. Was, wenn fanati-
          sierte Islamisten zur
          Selbstjustiz gegen die
          Berliner Richter und
          Staatsanwälte schreiten?
          Was, wenn die Demon-
          stranten vor der deut-
          schen Botschaft in Tehe-
          ran ihre Parolen ernst
          nehmen und Dip lomaten
          zu Geiseln machen? Etwa
          400 Deutsche leben stän-
          dig in Iran, rund 100
          gehören zur deutschen
          Botschaft.
          Als es um den „kritischen Dialog“
          noch besser stand, haue Geheimdienst-
          koordinator Schmidbauer mit seinen Te-
          heraner Partnern vereinbart, jeweils auch
          drei Geheimdienstler in den Botschaften
          des jeweils anderen Landes zu dulden —
          geschützt wie Diplomaten.
          Als hätte sie die Eskalation erwartet,
          zog die iranische Regierung schon vor
          Wochen ihre Agenten aus Bonn ab. Die
          drei deutschen Geheimdienst ler hinge-
          gen sitzen noch immer in der Botschaft in
          Teheran. Wenn die Männer das Gelände
          der Mission verlassen, müssen sie nun
          damit rechnen, wegen Spionage verhaftet
          zu werden.
          Mykonos-Attentat (1992): Kommando aus Teheran?
          Rafsandsehanl
          24 DER SPIEGEL 48/1996
        

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