Aadel Collection
AI against turning down Iranian Refugees /New Executions in Iran
DIENSTAG , 13. DEZEMBER 1988 Amnesty gegen Abschiebung iranischer Asylbewerber %i Bonn/Mainz (AP). Die Gefangenenhilfsorga- nisation Amnesty International hat an die rhelnland-pfälzische landesregierung appel- liert angesichts der Hinrichtungswelle In Iran Flüchtlinge , deren Asylanträge abgelehnt wur- den 1 nicht in ihre Heimat zurückzuschicken. Amnesty kritisierte gestern in einer Erklärung die nach Ihrer Darstellung geplanten Abschie- bungen abgelehnter iranischer Asylbewerber. Per Sprecher des Innenministeriums In Mainz Den, wies die .pauschale Kritik“ n der Aäylpraxis des landes zurück Nach Prüfung ledes Einzellalls werde auf eine Abscbiebung verzichtet, wenn dem Flüchtling Verfolgung uM Hinrichtung droht Amnesty International teilte weiter mit, in Iran sei seit Ende Juli 1988 die größte Welle. politisch motivierter Hinrichtungen seit Anfang der 80er Jahre im Gang, Vor allem Angehörige linker Oppositlonsgruppen wie der Voiksmuja- beddin, Volksfeddajin. der Tudeh-Partel sowie kurdischer Organisationen seien betroffen. Am- nesty International seien über 300 Fälle von Hinrichtungen namentlich bekannt Die Orga- nisation beobachte „mit großer Sorg€, daß in Rheinland-Pfalz abgelehnte iranische Asylbe- werber, die ihre Zugehörigkeit zu einer links- gerichteten Opposltionsgruppe zu erkennen gegeben hätten, abgeschoben werden sollen. Damit gebe das Land die bislang in der Bundesrepublik geübte Praxis auf, abgelehnte iranische Asylbewerber nicht in Ihr Heimatland (Weiteres Seite 3) Nach einer mehrmonatlgen Pause ist es ‘In Iran wieder zu einer Hinrichtungswelle gekom- men, -nach Meinung von Oppositionellen ‚der größten seit 1981t Nach Angaben aus Kreisen von Exil-Iranern in Europa -begann 4is aeue Hinilchtungsserie im Juli; kurZ liachdem .Irän angekündigt hatte, es werde einer Feuereinstel- hing im Golfkjjeg - ‚zuqti m en - Wie, viele M Mdi tt‘ exekutiert ‘woülen Sllfd,‘ i$t nicht‘ genen bekanüt. Der im Irakischen Exil lebende Führer der oppositionellen Volksmi4ahedln. Massud Radschawi, behauptet, 12 000 Mcx i- schen seien in den Gefängnissen franz ‘ umge bracht worden. Farhad Fardschad, ein Sprecher der kommunistischen Tudeb-Parteli schätzt die Zahl der Hinrichtungen auf „mehrere tausend“. In einem Telefonintenriew erklärte Fardschad in West-Berlin. allein In Teheran seien mehr als 400 Mitglieder seiner Partei erschossen worden. „Die Berichte, die wir von den Familien der Opfer erhalten haben, zeigen, daß es einen Plan gibt, die meisten politischen Gefangenen zu exekutieren“, sagte Fardschad. Er konnte jedoch lediglich die Namen von 36 Hingerlch- teten nennen, darunter die in der Bundesre- publik ausgebildeten Ärzte Ahmad Danesch und Farlbourz Baqat ‚Zu den im Teheraner Evin-Gefängnis Erschossenen gehörten auch vier Mitglieder des ZK der Tudeh-ParteL Dabei — so Fardschad — handelt es sich um Manuschehr Behzadi, Fardsch Mizant Ismail Zolqa& und Huschang Nazeint Auch der! Propagandachef der Partei, Merhdad Parschad- Azad. sei hingerichtet worden. Die derzeitige Hinrichtungswelle richtet sich hauptsächlich gegen die politische linke. Ein Sprecher der Fedayin-Guerlllas, einer kommu- nistischen Organisation. erklärte am Telefon aus Teheran:‘ „Tausende sind witgebracht wor- den? Doch konnte er nur die Namen. von sechs Angehörigen seiner Organisation nennen, die am 22. November In Teheran, erschossen worden sincL Prinzessin Azadeh Scbafiq, die SpMtherln der Iran1 dten til-Möiiarcbbtln, spricht tn „we 4 nlgstens ‘150“ ExekutIertet Sie konhte die NamS von sieben lm vergangenen Monat in Tehöran ad Hamada bingerbtteten Monar- chisten nennen. Darunter befinden sich zwei Offiziere, Oberst Faribourz Panahi und Major All Yadegarian, die seit 1983 Im Gefängnis Saßen. Auchandere Opposltlonsgruppen klagen Ober Tote aus Ihren Reihen. Die neue Hinrichtungswelle macht äuch vor dem Klerus nicht halt Sechs Mullahs, alle als Anhänger des Ayatoilahs Hosseln-All Monta- zeri bekannt, wurden Im November hingerich- tet. Unter ihnen befanden sich zwei ehemalige Abgeordnete der Madschlis, des iranischen Parlamentes, Ayatoilah Fath-Allah Omid Nadschaf-Abadai und Ayatollah Muhammad Lengeroudi. Die ‘Einrichtungen‘ der MkttazSI-Anhädger betrachten Beobachter in Teheran als weiteren Versuch, den Ayatollah politisch zu Isolieren. Montazerl ist zwar von Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini als „Oberster Führer ‘ zum Erben bestimmt worden, doch sieht er sich wachsender Opposition aus anderen Gruppen des Klerus gegenüber. Die Angehörigen von All Sabouri und Mohammad Schahldi, zwei ehemaligen Mitglie- dern der Tudeh-Partei. hatten beispielsweise angenommen, die beiden, dIe 1983 zu fünf Jahren Haft verurteilt worden waren, würden am 4. November entlassen. „Wir wurden am‘ 3. November aus dem Evln.Gefängnls angerufen, und dorthin beordert?, erzählt Hamid Sabouri, der Bruder des einen Kommunisten. „Wir hatten angenommen, daß sie uns unseren Bruder abholen lassen wollten. Statt dessen !aben sie uns seine Kleider und teilten uns mit, er und andere Kameraden seien erschossei und auf dem os$bnn-Tapeh-FrIe*f beerØjflworden. Dieser Fd 4hOI den .d4eRegienmgspropftgq$( Jan*A1¼& (der Wohnbrt der verilucht p). nennt, ist tn Hingerichteten da poiitisch ii linken seit .1921. vorbehalten. .q Regelmäßige Besuche politischer Gefangener wurden im Juli unterbirnden, nachdem die Regierung angekündigt hatte, sie wolle die Gefängnisse sanieren. Oppositionelle bezeich- nen diesen Ausdruck als zynische Umschrei- bung für, die Massenhinrichtung politischer Gefangener. Kommentatoren im Exil halten zwei Erklä- rungen für die neue Hiiirlchtungswelle bereit Einige mutmaßen, ein „Falke“ In der, Regierung wolle Opposltionsgruppen — speziell die der linken — Ihrer erfahrenen Kader berauben, um den politischen Parteien später mehr Spielraum gewähren zu können. Diese Erklärung scheint auf einige‘ OrganlsatloneSi zuzutreffei» ganz besonders auf die Tudeb-Partel. die schätzungs- weise 75 Ihrer‘ Fühtun‘gsliiitglieder und ihres Parteiapparats eingebüßt bat ‘Nach einer zwei- ten, von anderen Exil-Iranern verbreiteten Lesart will die iranische Regierung sich im Rahmen ihrer vorsichtigen Ofinung nach We- sten als scharf antikommunistisch darstellen. Sollte die zweite Erklärung zutreffen, wäre die Strategie jedoch gründlich gescheitert. Bundesaußenmlnister Hans.Dletrlch Genscher hat bei seinen Menschenrechtsgespr&chen mit den Islamischen Führern in Teheran einen sehr kritischen Ton angeschlagen. Dafür wurde er von seinem Iranischen Amtskoliegen All Akbar Velayati und den iranischen Medien scharf angegriffen. Blzhan Torahl . . DER TAGES SPIEGEL . Neue Hinrichtungswelle in Iran Hauptsächlich betroffen ist die politische Linke — Schätzungen bis zu 12000 Opfern