Aadel Collection
D/Justice/Mykonos
Mit Aug 21 14:09 Seite 1 Titel Quelle Nummer Zeit D/Justiz/Mykonos AFPp1r DEUO99 Mit Aug 21 14 440 /AFP—RPOO Irans Ex—Präsident Bani Sadr als Zeuge im Berliner “Mykonos“ Prozeß — Hintergrund des Attentats vor vier Jahren soll geklärt werden (Vorbericht) = Berlin, 21. August (AFP) - Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen wird der frühere iranische Staatspräsident Abolhassan Bani Sadr am Donnerstag und Freitag vor dein Berliner Kainntergericht als Zeuge im “Mykonos“-Prozeß aussagen. Der 63jährige Exilpolitiker, der 1979 den Ayatollah Khomeini nach Iran begleitete und nach dein Sturz des Schahs Staatsoberhaupt wurde, will die Hintergründe des Attentats auf vier iranisch-kurdische Oppositionspolitiker im Berliner Lokal “Mykonos“ im September 1992 beleuchten. Nach Angaben Bani Sadrs muß jedes von Iran gesteuerte politische Attentat von höchster Stelle genehmigt werden, nämlich von Staatspräsident Haschemi Rafsandschani und dem religiösen Führer Ah Chamenei. Die Vernehmung Bani Sadrs hatten Bundesanwaltschaft und Nebenklage beantragt. Wegen des Attentats müssen sich vor dem Kammergericht seit Oktober 1993 ein Iraner und vier Libanesen verantworten. Allerdings wurde bereits in der Anklageschrift der iranische Geheimdienst Vevak als Auftraggeber für den Mord genannt. Im März dieses Jahres erwirkte schließlich die Bundesanwaitschaft einen Haftbefehl gegen den iranischen Geheimdienstminister Ah Fallahian. Er soll die Fäden für die Mordaktion gezogen haben. Da Iran kein Interesse daran hat, von dem Gericht eines westlichen Staates als Auftraggeber für politische Morde bezichtigt zu werden, versuchten offizielle iranische Stellen wiederholt, das Verfahren zu stören. Das bestätigte Staatsminister Bernd Schmidbauer (CDU) im Bonner Kanzleramt, der 1994 vor dem Kammergericht aussagte. Schmidbauer sagte, Fallahian habe im Oktober 1993 in Bonn erklärt, Iran werde in dem Verfahren in “unzutreffender Weise“ angeklagt, und deshalb die Bundesregierung aufgefordert, den Prozeß zu verhindern. Daraufhin habe er, Schmidbauer, der iranischen Seite AA000565
Mit Aug 21 14:09 Seite 2 deutlich gemacht, daß das “Mykonos“—Verfahren nicht zur Verhandlung zwischen Bonn und Teheran stehe. Mit einem überraschenden Schachzug war es der iranischen Regierung dann im Juni gelungen, das Ende des Prozesses wieder zu verzögern, indem sie der seit einem Jahr verweigerten Vernehmung von zwei Zeugen in der deutschen Botschaft in Teheran zustimmte. Erst eine der beiden von der Verteidigung benannten Personen konnte inzwischen kommissarisch vernommen werden. Für die Vernehmung von Bani Sadr werden wohl die Sicherheitsvorkehrungen um das Gericht in Berlin—Moabit noch einmal verstärkt, zumal der seit 1981 im französischen Exil lebende Politiker von zwei Mordkommandos berichtete, die in Deutschland auf ihn angesetzt seien. Seit Beginn des “Mykonos“—Prozesses ist der Eingangsbereich zum Gerichtssaal 700 mit einem Stahigitter geschützt, damit keine Handgranaten vom Treppenhaus aus in den Saal geschleudert werden können. Zuschauer und Journalisten werden sowohl im Erdgeschoß als auch in einer Sicherheitsschleuse vor dem Saal kontrolliert und dürfen nur mit Schreibblock und Stift ausgerüstet der Verhandlung folgen. Bani Sadr, der für einen “dritten islamischen Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus eintritt, hält den deutschen Haftbefehl gegen Fallahian für richtig, lehnt die Politik des “kritischen Dialogs“ der Europäischen Union gegenüber Iran jedoch ab. Er wirft der Bundesregierung eine passive Politik vor, die über die terroristischen Verbrechen des Teheraner Regimes innerhalb und außerhalb Irans hinwegsehe. ut/akr AFP 211402 AUG 96