Aadel Collection
Death in the name of the Honored One
DEUTSCHLAND Terror is in us HJ‘ 9 ‘ 96 Tod im Namen des Erhabenen Erstmals hat ein hoher Überläufer das Geheimnis der iranischen Todeskommandos gelüftet. Spuren weisen nach Deutschland. Das „Mykonos‘-Attentat in Berlin wurde, erklärte der Zeuge , von der Staatsspit2e in Teheran befohlen und penibel geplant. Bonn gerät wegen seiner Rücksichten gegenüber Teheran weiter unter Druck. M it dem auffällig kleinen, schmäch- tigen Mann, der da eines Tages in der deutschen Botschaft in hin- mabad hockte, konnten die Beamten des Bundesnachrichtendienstes (BND) wenig anfangen. Anfang April war der Iraner über die . grüne Grenze nach Pakistan geflüchtet. um sich vor dem Teheraner Regime in Si- cherheit zu bringen. Der Enddreiliiger wollte weiter nach Bonn, Berlin oder sonstwo wechseln und erzählte, quasi als Wegzoll, ein paar Geschichten über die Nomenklatura der Mullabs. Ein Alltags- (all, so schien es. Der BND-Bericht für die Zentrale in Puliach liest sich jeden- falls nicht sehr spannend. interessierter waren da schon die ICol- legen vom französischen Geheimdienst. . In zwei Abschnitten haben sie den irani- sehen Überläufer insgesamt 20 Tage lang vernommen. Schließlich haften sie ein umfangreiches Dossier beisammen. Secret d‘Etat. Als „top secret“ stufte auch der briti- sche Geheimdienst M16, der gleich anschließend den Mann veri örte, die Er- zählungen ein. Selbst der belgische Ge- heimdienst, den es auch gibt, hat ihn aus- flihrlich befragt. • Vorigen Donnerstag wurde der ge- heimnisvolle Fremde in die deutsche Hauptstadt geflogen. Flankiert von einem halben Dutzend Leibwächtern des Bun- deskriminalamts kam er via London nach Berlin, um erstmals als Zeuge gegen das Regime der Mullahs auszusagen. Vor dem Kammergericht geht es um den Hintergrund des Überfalls auf das Berliner Lokal „Mykonos“, bei dem am 17. September 1992 vier kurdisch-irani- sche Oppositionelle regelrecht hingerich- tet worden waren. Die Kar lsruher Bun- desanwaltschaft vermutet, daß die Draht- zieher in 1 heran sitzen. Die Bundesanwältc haften vergange- nen Monat von dem Überläufer Wind be- kommen und ihn in tagelangen Sitzungen beim Staatsschutz in Meckenheim ver- S nommen . Die letzte Vernehmung endete am 2. Oktober. Danach ordnete General- bundesanwalt Kay Nehm persönlich den Schutz des Mannes an. Bevor der Zeuge das Gerichtsgebäude betrat, wurde die Öffentlichkeit ausge- schlossen. Den Verbliebenen im Saal verkündete Senatsvorsitzender Frithjof Kubsch ein Schweigegebot, das in der deutschen Justizgeschichte eine Rarität ist. Danach wird „den Mitgliedern des Ge- richts einschließlich der Protokollifibre- rinnen“, den Anklägern, Verteidigern und sogar den Angeklagten „zur Pflicht ge- macht“, die Aussagen des Zeugen ge- heimzuhaiten. Sein Name taucht in kei- ner Akte auf, in den Unterlagen wird er lediglich als „Zeuge C“ geführt. Seine Geschichte, wie sie sich aus Un- terlageri der Geheimdienste ergibt, ist kein gewöhnliches Renegatenstück. Es geht um Leben und Tod. Seine Frau und die vier Kinder sind seit einiger Zeit spurlos verschwunden. Zeuge C vermutet, daß sie als Geiseln im Iran festgehalten wcrden. Außenminister Kinkei, Kollege Welajati: Jede Art des Terrorismus verurteilt“ 22 DER SPIEGEL 42/1996 AA000246