Aadel Collection

emorandum from Bruno Jost, Senior Public Prosecutor, to Kubsch, Vorsitzenden Richter am Kammergericht

          
          s rift :
          DER /]ERLLBIJNDESANW? LT Karlsruhe, den 11. Juli 1994
          BEIM BUNDESGERICHTSHOF
          — 2 StE 2/93 — Herrenstra e 45a (PLZ: 76133)
          ______________________________________________ Postfach 2720 (PLZ: 76014)
          Telefon (0721) 159—0
          Durchwahl 159—721
          Telex: 7825828
          1 Teletex: 721665=B? Ka
          Telefax: (0721) 159—606
          An den
          Vorsitzenden des 1. Strafsenats
          des Kammergerichts Berlin
          Herrn Vorsitzenden Richter am
          Kainmergericht Kubsch o.V.i.A.
          Witzlebenstral3e 4—5
          14057 Berlin
          L -1
          Betrifft Strafverfahren gegen Youssef AMIN u a
          wegen Mordes u.a.
          hier : Angeklagter Ayad
          Bezug : Antrag der Verteidiger des Angeklagten Ayad
          vom 4. Juli 1994 auf Aufhebung des Haftbe-
          fehls.
          Die nachfolgende Stellungnahme zum Antrag der Verteidiger
          des Angeklagten Ayad vom 4. Juli 1994 beschr&nkt sich auf
          die folgenden m.E. wesentlichen Punkte:
          1. Planung der Tat durch Ayad vor Festlegung des Mykonos-
          Treffens vom 17. September 1992;
          2. Ayad von Amin ausdrücklich nicht als Tatbeteiligter
          genannt;
          fl
          AA000 002
          // J
          
        
          
          --2—
          3. angebliche Selbstbezichtigung Ayads gegenüber Jarade
          beruht nur auf Zeitungswissen Ayads;
          fl
          4. die Glaubwürdigkeit des Zeugen Jarade.
          Dabei muI3 teilweise — z.B. bei der Frage der Wohnungsbe—
          schaffung über den Zeugen Bahram Brendijan - auf den Akten-
          inhalt Bezug genommen werden, da die Beweisaufnahme noch
          nicht zu allen in diesem Zusammenhang wesentlichen Fragen
          erfolgt ist.
          Zu 1. :
          Nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme mu 3 davon
          ausgegangen werden, daf3 Nouri Dehkordi den Termin zum Tref-
          fen zwischen Dr. Charafkandi und Angehörigen der iranischen
          Opposition in Berlin im Lokal Mykonos erstmals in der Nacht
          vom 14. zum 15. September 1992. anderen Teilnehmern des
          Treffens mitgeteilt hat. Ob er dabei den 17. oder 18. Sep—
          teinber 1992 als Trefftermin nannte, kann in diesem Zusaxu—
          fl menhang zunächst offen bleiben. Nicht erwiesen ist bisher
          jedoch, da 3 dieses Treffen auch erst zu diesem Zeitpunkt
          zwischen Dr. Charafkandi und Nouri vereinbart worden ist.
          Aufgrund der von dem Zeugen Fardjad Azad best&tigten tele-
          fonischen Kontakte zwischen Dr. Charafkandi und Nouri be—
          reits Ende August/Anfang September 1992 liegt es nahe, da
          dieses Treffen schon zu diesem Zeitpunkt vorgesehen, aber
          noch nicht endgültig beschlossen worden war.
          In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, da auf
          Täterseite schon lange vor der nach au en mitgeteilten
          Terminierung des Mykonos-Treffens (14.115. September 1992)
          konkrete Tatvorbereitungen getroffen wurden, die für recht
          unmittelbare und direkte Informationen der Täter über die
          Vorhaben ihrer späteren Opfer sprechen:
          n
          
        
          
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          - Schon vor dem 4. September 1992 hatte der Angeklagte
          Atris den Pa seines Bruders an sich gebracht, um ihn
          den T&tern zur Verfügung zu stellen;
          - am 11. September 1992 wurde Amin von Rhayel und Darabi
          aus Rheine telefonisch nach Berlin bestellt;
          — bei seinem Eintreffen am 12. September 1992 fand er
          neben Rhayel auch die Tatbeteiligten Haidar und Sharif
          in der Wohnung Darabis vor;
          — am 11. oder 12. September 1992 hatte Darabi unter
          einer Legende die Wohnung Senf tenbergerring Nr. 7 be-
          sorgt;
          — am 13. September 1992 wurde die T&tergruppe von Darabi
          in die Wohnung Senf tenbergerring 7 verlegt, wo nun
          auch Mohammed auftauchte;
          - am 13. und 14. September 1992 wurden der Pkw BMW ge-
          kauft und die Waffen besorgt.
          Daraus folgt, daF3 im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Treffens
          vom 17. September 1992 - Nacht vom 14. zum 15. September
          1992 — die Tatvorbereitungen zu einem wesentlichen Teil
          bereits abgeschlossen waren und die T&ter schon wenige
          Stunden sp&ter einen mit dem sp&teren Tatablauf weitgehend
          identischen Probelauf machen konnten. Daraus folgt weiter,
          daI3 die Täter mit gro 3er Wahrscheinlichkeit schon vor
          dem “offiziellen“ Bekanntgabezeitpunkt - Nacht vom 14. zum
          15. September 1992 — über dieses Treffen unterrichtet wa—
          ren, folglich auch schon selbst vor diesem Zeitpunkt eigene
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          —4—
          Planungen anstellen konnten und angestellt haben. Da ihnen
          dies jedenfalls im groben Rahmen möglich war, ergibt sich
          nicht nur retrospektiv aus den gezielt getroffenen Tatvor—
          bereitungen, sondern auch aus folgenden Erkenntnissen:
          — Die bereits im August 1992 beabsichtigte Reise
          Dr. Charafkandis nach Deutschland war - wie sich aus
          der Aussage des Zeugen Ezatpour ergibt - einer Reihe
          von Personen bekannt; die Teilnahme des Generalsekre—
          tärs der DPK-I war, wie der zeugenschaftlich vernolnme—
          ne Nachfolger Dr. Charafkandis bekundet hat, sozusagen
          fl eine feste Grö e und konnte deshalb von den Tätern
          eingeplant werden;
          - da 3 es anl& lich des Berlin-Aufenthalts Dr. Charafkan-
          dis zu einem Treffen mit anderen Oppositionellen kom-
          men werde und daI3 ein solches Treffen im Lokal Mykonos
          als bekanntem Oppositionellen-Treffpunkt stattfinden
          werde, war zumindest eine naheliegende Annahme, auf
          die man sich auf Täterseite realistischerweise ein —
          stellen konnte.
          Dann aber war auch schon deutlich vor dem 14.115. September
          1992 eine Tatplanung des Umfangs und der Qualität möglich,
          wie sie von Jarade als ihm von Ayad geschildert beschrieben
          worden ist. Ein - aus welchen Gründen auch immer - späterer
          Ausschlul3 Ayads aus dem Vorhaben ist damit ebenso zu ver-
          einbaren wie eventuelle Umbesetzungen auf Täterseite. Eine
          Änderung der rechtlichen Bewertung des Tatverhaltens Ayads
          ist damit nicht verbunden.
          fl
          
        
          
          —5—
          Zu 2. :
          Die ausdrückliche Erklärung des Angeklagten Amin, Ayad sei
          an der Tat nicht beteiligt gewesen, steht diesen Feststel-
          lungen nicht entgegen. Im Gegenteil: Hält man die früheren
          Angaben Amins zum Tatgeschehen und zu seiner und der Ein-
          bindung anderer Personen für glaubwürdig, so fällt zunächst
          auf, da Amin relativ spät, praktisch als Letzter, am
          12. Septe iriber 1992 zum Täterkreis gesto en ist. Zu diesem
          Zeitpunkt kann bereits der Ausschlu Ayads erfolgt gewesen
          sein, ohne da 3 Amin von dessen früherer Tätigkeit überhaupt
          etwas erfahren hatte. Dann war seine Aussage, Ayad habe
          mit der Sache nichts zu tun, subjektiv ebenso richtig wie
          die Angaben Ayads gegenüber Jarade über eine Beteiligung
          von Möhammad Atris und Hussam Chahrour. Für eine jedenfalls
          teilweise lückenhafte Information des Angeklagten Axnin über
          Person und Rolle einzelner Tatbeteiligter spricht auch
          seine offensichtliche Unkenntnis darüber, daf Ah Sabra als
          Käufer des späteren Fluch tfahrzeugs fungiert hatte.
          Zu 3. :
          Die Behauptung, die in der “Selbstbezichtigung“ Ayads
          enthaltenen Angaben dieses Angeklagten gegenüber dem Zeugen
          Jarade beruhten auf angelesenem Zeitungswissen Ayads zum
          Tatgeschehen, ist schon deshalb unrichtig, weil Ayad nach
          eigenem Bekunden Analphabet ist und deutsche Zeitungen
          schon gar nicht lesen kann. Abgesehen davon sind viele
          seiner Angaben gegenüber Jarade solcher Art, da sie - je-
          denfalls damals — nicht in der Presse veröffentlicht worden
          sind. Beispielhaft seien erwähnt
          — die finanzielle Unterstützung Amins und Rhayels durch
          Darabi,
          n
          
        
          
          —6—
          - das Wohnen der beiden bei Darabi und der Besitz eines
          Schlüssels für diese Wohnung (entsprechende Angaben
          fl‘ hatte Amin erstmals am 9. Oktober 1992 gemacht),
          — die besonderen familiären Verhältnisse der Freundin
          des Angeklagten Atris,
          — die Einreise der Tatopfer über verschiedene Länder,
          - die führende Rolle des Angeklagten Darabi (entspre-
          chende Angaben hatte Amin zum Teil erst in seinen
          richterlichen Vernebmungen Ende Oktober bzw. Anfang
          Noveiriber 1992 gemacht).
          Diese und weitere Angaben Ayads gegenüber Jarade gehen
          nicht nur über blof3es “Zeitungswissen“ weit hinaus, sondern
          haben sich im Zuge der Ermittlungen als zutreffend und von
          anderen bestätigt erwiesen.
          ( ‘/ Zu4. :
          Zur Frage der Glaubwürdigkeit des Zeugen Jarade im
          allgemeinen und speziell bezüglich seiner früheren Angaben
          zur Sache wird zum einen auf die Ausführungen zu 3., zum
          anderen auf die hiesige Stellungnahme vom 10. Juni 1994 und
          den Senatsbeschlu vom selben Tage verwiesen. Wenn der Zeu-
          ge Jarade hinsichtlich seiner Angaben zum Bedrohungssach-
          verhalt glaubhaft ist, mu dies mangels entgegenstehender
          Anhaltspunkte grundsätzlich auch für seine übrigen Aussagen
          gelten. Abgesehen davon mag — wie ich schon mit Schreiben
          vom 29. Juni 1994 angeregt hatte — weiterhin allen Hinwei—
          sen und Erkenntnismöglichkeiten nachgegangen werden, die
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          weiteren Aufschluf3 über die Glaubwürdigkeit des Zeugen Ja-
          rade und/oder über die Richtigkeit der ihmgegenüber von Ay-
          ad gemachten Angaben geben können.
          Bei einer zusammenfassenden Würdigung des bisher vorlie-
          genden Beweisergebnisses muI3 deshalb vom unverändert fort-
          bestehenden dringenden Tatverdacht einer Beteiligung des
          Angeklagten Ayad in der ihm bisher vorgeworfenen Form
          ausgegangen werden. Ich beantrage deshalb, den Antrag der
          Verteidigung, den Haftbefehl gegen Ayad aufzuheben, abzu-
          lehnen.
          Im Auftrag
          Jost
          Beglaubigt
          /ccJ6
          Wen dte
          Justizse fl
          n
          
        

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