Yon Heribert Prantl ‘Wenn se schon nicht zubeißen kann, dann möchte sie wenigstens brüllen: Der Haftbefehl gegen den iranischen Geheim- dienstminister All Fallahian ist ein Akt, in dem sich Zorn und Hilflosigkeit der deut- schen Justiz gleichermaßen äußern. In .Berliv ‘atv±tandelt sie seit zweieinhalb Jahren rni Mykonos-Prozeß gegen ..di.° 1 Mörder von vier iranischen Opposithn.s- • politikern. Und von Anfang an bestand der Verdacht, daß Ah Faftahian, der irani- sche Geheimdienstminister, der Drahtzie her des Berliner At t entats war. Fallahian sitzt nicht auf der Anklagebank — aber er gehört drthin. Nichts anderes besagt der Haftbefehl, der nun, nach zweihundert Verhandlungstagen, gegen Fallahian er- lassen wurde. Der Verdacht gegen den Minister ist immer dichter geworden. Der Generalbundesanwalt ‚weiß: Falla- hian wird voraussichtlich nie-verhaftet, er wird nie in Handschellen vor dem Kam- mergericht vorgeführt werden. Es schützt ihn sein Regierungsamt, es schützt ihn der Paragraph 20 des Gerichtsverfas-. sungsgesetzes (GVG) und es schüSn ihn die llgemeinen Regeln des Völkerrechts. Danach sind Chefs und Minister von Regierungen anderer Staaten bei Be ü- chen in amtlicher Eigenschaft immun. Und die Strafverfolger wissen: Ein Mini- ster reist immer in amtlicher Eigenschaft, gerade wenn er ein Verbrecher ist. Im übrigen profitiert Fahlahian auch vom sogenannten Honecker-Paragraphen: Als der DDR-StaatsratsvOrsitzende im Jahr 1984 in die Bundesrepublik reiste, wurde (um ihn vor „wildgewordenen Staatsar wälten “ zu schützen, wie es hieß) eine Vorschrift geschaffen, die „Repräsentan- ten anderer Staaten, die sich auf amtliche Einladung in der Bundesrepublik aufhal- ten 0 vor, der deutschen Gerichtsbarkeit schützt. Des‘ Haftbefehl gegen Fallahian geht alsp ziemlich ins Leere. Die Verfol- gungsbehörde hat noch nicht entschie- den, ob sie ihn nun auch international via Interpol zur Fahndung ausschreibt; das ist auch völlig egal. Denn: Ob mit Interpol- Ausschreibung oder‘ mit Rechtshilfeersu- chen — weder Frankreich noch ein anderer Staat wird Fallahian verhaftes‘. und 4er deutschen Justiz zuführen. Dennoch ist der Haftbefchl mcbt ohne Wirkung: Die Bundesregierung wird es nicht noch einmal wagen einen gesuch- ten Mörder nach Bonn einzuladen. Dies ist im Her6st 1993 geschehen. Fallahian, schon damals hochverdächtig, wurde sei- nerzeit von Kanzleramtsminister Schmidbauer hoflert. Heftige Kritik dar- an gab es schon damals; nun hat diese Kritik ein Aktenzeichen. Der Haftbefehl gegen ein Regierungs- mitglied eines anderen Staates ist ein absolutes Novum. Im diplomatischen Be- reich ist ansonsten die „Ausweisung“ das Schärfste. Ein Beispiel: 1984 gab es vor dem libyschen Volkshi ro in nndon eine Demonstration gegen die libysche Regie ning. Aus dem Volksbüro heraus wurde das Feuer eröffnet, dabei wurden ein Demonstrant und eine Polizistin getötet. Die britische Regierung setzte dem Perso- nal des Volksbüros eine Frist von sieben Tagen, ‘inn das Land zu verlassen. Bei Fallahian kann man nur drohen - und abwarten. ‚ Minister ist man aach nicht ewig 0 , sagt der Sprecher des Gene- ralbundesanwalts. flie Justiz hat Zeit. • AA0003.i Q — s wie All Fallahian von Erich Honecker profitiert S ai ige e (iranische Geheimdienstmifl Er-antb v1acht ist, geht lei HU & hI ins Leev ‘ .