Aadel Collection

New repressions against Iranian Women

          
          Von Robrt Sylvut•r
          Berlin (taz) — „ Das Verhalten eini-
          ger Frauen gerahr9et die Sicherheit
          des Staates.“ Die Außerung des ira-
          nischenlustizministers Mohammed
          Yazdi zeigt, worauf sich die Frauen
          in der Islamischen Republik zur Zeit
          einstellen müssen.
          EndeOktober wurden alleininei-
          ner Woche siebzehn Frauen hin;e-
          richtet; in diesem Jahr beläuft sich
          die Zahl der Todesopfer bereits auf
          knapp hundert. Weiteren 103 weib-
          lichen Häftlingen droht das Todes-
          urte i l — insgesamt sind 10.048
          Frauen in denGefiingnissen der isla-
          mischen Republik inhaftiert. Viele
          von ihnensind Mitglieder oderSym-
          • pathisantinnen oppositioneller
          Gruppierungen, aber die meisten
          von ihnen wurden wegen „Korrup-
          tion“ von Straßenpatrouillen der
          Revolutionsgardisten oder im Zuge
          von Hausdurchsuchungen bei
          nächtlichen Parties verhaftet.
          Unter den Begriff Korruption
          fällt vieles: Da kann schon eine
          Haarsträhne ausreichen, die unter
          dem Kopftuch vorschaut, das Tra-
          gen dünner, durchsichtiger
          Strümpfe, Make-up, Beziehungen
          zu einem Mann, Teilnahme an einer
          Teenagerparty oder auch Prostitu-
          tion. DieStrafen rangieren von Aus-
          peitschen über Haft bis hin zum To-
          desurteil. Seit dem Sturz des Schahs
          im Jahr 1979 ist das Teberaner Re-
          gime immer wieder gegen Frauen
          vorgegangen, die sich nicht dem! of-
          fiziellen Verhaltenskodex fügen
          wollten. Die Mullahs möchten, daß
          die Iranerinnen, wenn sie sich schon
          nicht in den Tschador, den Körper-
          schlejer, hüllen, dann doch zumin-
          dest einen weiten Mantel in dunklen
          Farben tragen.
          Wie stark die Iranerinnen unter
          Druckgesetztwerden, hängtengmit
          der jeweiligen politischen Situation
          und Stabilität des Regimes zusam-
          men. Ist die Teheraner Führung
          d rcheinen Rückschlag geschwächt
          wie beispielsweise nach dem Waf-
          fenstillstand im Golikrieg, können
          die Frauen sich auf den Straßen
          kleineFreiheiten gönnen, derstrikte
          Kleiderkodex lockert sich — bis die
          Schraube wieder angezogen wird.
          Der Aufstieg von Präsident Raf-
          sandscbani im vergangenen Som-
          mer hat die inneren Auseinanderset-
          zungen zwischendenverschiedenen
          politischen Fraktionen verschärft.
          Das Regime zeigt sich den Frauen
          gegenüber wieder hart aus Angst,
          gegenüberdensogenanntenRadika-
          lenanBodenzuverlieren. Eindetail-
          lienes oesetzdefiniertdabeidiever-
          schiedenen „Verstöße“: & gibt
          Vorschriften, die sich auf den Kopf,
          und andere, die sich auf Körper und
          Beine beziehen.
          „Frauen, die den Hejab ldie isla-
          mische Kleidung; d. RedJ ignorie-
          ren, setzen sich in Wirklichkeit in
          Opposition zum Staat“, drohte Mar-
          ziafladid-chi Dabbgb, eine der fünf
          vom Staat ernannten Parlamentarie-
          rInnen: „WenndieRegierung nichts
          unternimmt, dann wirddas Volkdas
          in seine eigene Hand nehmen.“ Die
          Abgeordnete war in den Zeiten des
          irakischen Exils Chomeinis Haus-
          mädchenundavanciertespäterzuei-
          ner Kommaüdantin der Revoluti-
          onsgardisten, ehe sie ins Parlament
          einzpg. Wenn sie vom „Volk“
          spricht, dann meint sie Gruppen von
          Motorradfahrcrn, die die Straßen
          unsicher machen, Frauen belästigen
          und in einigen Fällen auch auf sie
          einstechen oder ihnen Säure ins Ge-
          sicht gießen.
          „Diese einheimischen Punks“,
          so schrieb die Zeitung ‘Keyhan‘ und
          meinte damit unbotmäßig Geklei-
          dete, „sind unbezahlte Agenten
          westlicher Korruption. Wir müssen
          diese Art von Wähltätigkeitsdienst
          an der Gesellschaft bekämpfen.“
          DasBlattziehtdamitgleichzeitigge-
          gen Rafsandschanis Bemühungen
          zu Felde, Experten aus dem Ausland
          für den Wiederaufbau der Wirt-
          schaft zu gewinnen,
          Da es keine politischen oder
          rechtlichen Institutionen gibt, andie
          sich die Iranerinnen wenden kön-
          nen,bleibtderWiderstandindividu
          eH. ‚Wir wollen im Freien Sport
          treiben und nicht auf überdachten
          Plätzen“, wurde eine Neunzehnjäh-
          rige in der Wochenzeitung ‘Zan-e
          Ruz‘ (Frauen heute) zitiert. Ende
          OktoberhatteeinepatrOuillederRe
          volutionskomitees — zunächst ohne
          Erfolg — versucht,joggende Frauen
          aus einem Teheraner Park zu ver-
          treiben.
          Nöue Repressionen gegen Iranennnen
          Fast hundert iranische Frauen wurden als „Staatsfeinde“ in diesem Jahr hingerichtet / Der häufigste
          Vorwurf: „Korruption“ / Orakonische Strafen drohen / Innenpolitische Fraktionskärnpfe verschärfen Situation
          AA0002I 1
        

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